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Steiniger Weg zum Nahostgipfel in USA

Bei Israelis und Palästinensern wachsen die Zweifel am Erfolg des Treffens in einer Woche

Von Oliver Eberhardt, Jerusalem *

Eine Woche vor dem voraussichtlichen Beginn des Nahostgipfels in Annapolis haben sich Israelis und Palästinenser weiter voneinander entfernt: Die Opposition macht Druck und beide Seiten kontern mit neuen Forderungen.

Wie verhärtet die Fronten intern sind, zeigte sich am Montag. Nur mit Mühe schaffte es Israels Premierminister Ehud Olmert, die Freilassung von 441 weiteren palästinensischen Gefangenen durchs Kabinett zu bringen; die Hamas, auf der anderen Seite, kritisierte derweil erneut den für den 26. November geplanten Nahostgipfel in der Nähe der US-Hauptstadt Washington. Man sehe den bewaffneten Kampf als den einzigen Weg zu einem unabhängigen Staat, sagte ein Sprecher des politischen Flügels der radikal-islamischen Organisation und konnte dabei auf offene Ohren bei vielen Palästinensern auch im Westjordanland bauen. Denn dort wie auch in Israel wird die Skepsis gegenüber den Erfolgsaussichten immer größer, und daran sei vor allem US-Außenministerin Condoleezza Rice schuld, die zu dem Treffen eingeladen hat, sagen Vertreter beider Seiten.

Wochenlang hatten die Regierungen Israels und der Palästinensischen Autonomiebehörde verhandelt und dabei sehr weitreichende Übereinkünfte erzielt, die nach Ansicht der meisten Beobachter durchaus gereicht hätten, um das einzig logische Ziel des Gipfels, den Beginn von Verhandlungen über die palästinensische Unabhängigkeit, zu erreichen.

»Rice wollte, dass der Gipfel dem Nahostkonflikt ein dramatisches Ende setzt; das war eine Illusion – dass sehr viel Feinarbeit notwendig sein würde, die man nicht innerhalb von Wochen erledigen kann, war uns allen vorher klar«, sagt ein Mitarbeiter der israelischen Verhandlungsdelegation. »Wir hätten mit Übereinkünften in Kernfragen nach Annapolis fahren können, ohne dass Olmert und Abbas dort eine gemeinsame Erklärung abgeben. Statt genau dies zu fordern, hätte Rice besser darauf hingearbeitet, dass beide Seite am Ende des Gipfels die Aufnahme von Verhandlungen über den endgültigen Status bekannt geben.«

Doch stattdessen ist eine Situation entstanden, in der sich beide Seiten eine nicht enden wollende Debatte über Zeitpläne und die »Straßenkarte zum Frieden« liefern sowie Forderungen mit Gegenforderungen kontern. Die israelische Seite will die Umsetzung von Vereinbarungen davon abhängig machen, dass die palästinensische Regierung weiterhin aktiv gegen Extremisten vorgeht; eine Forderung, die die palästinensische Seite damit konterte, einen völligen Baustopp in Siedlungen und die Räumung von ohne Genehmigung gebauten Außenposten zu fordern, wie es die Friedenskarte vorsieht.

Dadurch ist in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden, dass auch dieses Mal nichts bei dem Treffen herauskommen wird, was wiederum die Opposition auf den Plan gerufen hat, deren Kritik dann wieder in neuen Forderungen der Verhandlungspartner resultierte, weil sowohl Olmert als auch der palästinensische Präsident Mahmud Abbas politisch angeschlagen sind, und die Vorwürfe, zu viel für zu wenig geben zu wollen, deshalb kontern mussten.

Im Moment ist der Ball derweil in Olmerts Hälfte: Dass die Palästinenser ihren Teil der »Straßenkarte zum Frieden« erfüllen, ist klar; in der Kabinettssitzung am Montag kündigte er zudem an, der Siedlungsbau werde gestoppt und die Außenposten würden geräumt. Außerdem wiederholte er ein früheres Angebot, Statusverhandlungen aufzunehmen, während man noch dabei ist, die erste Phase zu erfüllen. Im Hintergrund arbeitet Israels Außenministerium derweil darauf hin, in Annapolis mit einer anderen Variante zu punkten: der »syrischen Option«. Die sei im Moment sehr viel erfolgversprechender.

* Aus: Neues Deutschland, 20. November 2007


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