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The Show must go on

US-Regierung strebt endlose Fortsetzung der "Nahost-Friedensgespräche" an

Von Knut Mellenthin *

US-Außenminister John Kerry ist im Rahmen seiner monatelangen Ein-Mann-Show »Friedensprozeß« am Donnerstag erneut in Israel eingetroffen. Er wird voraussichtlich zunächst Einzelgespräche mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu und anschließend mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas führen. Angeblich will Kerry über das Wochenende im Nahen Osten bleiben, doch steht dafür noch kein Programm fest. Es ist seine zehnte Nahostreise, seit er im Februar 2012 die Leitung des State Departments übernahm.

Die israelische Regierung wird aus diplomatischer Höflichkeit vermutlich seine Abreise abwarten, bevor sie ihre längst feststehende Absicht offiziell bekanntgibt, weitere 2000 Wohneinheiten in den besetzten Gebieten errichten zu lassen. Die Baugenehmigungen sind ein Trost für die israelischen Rechten, mit dem die Freilassung palästinensischer Gefangener für sie etwas erträglicher gemacht werden soll. Netanjahu hatte zu Beginn der Verhandlungen mit Abbas vor einem halben Jahr versprochen, 104 Palästinenser zu entlassen, die schon seit über 20 Jahren in Haft sind. Die dritte von insgesamt vier Gruppen, diesmal 26 Gefangene, kam am Dienstag frei. Auch die vorangegangenen Haftentlassungen im August und Oktober 2013 waren jeweils mit der Ankündigung neuer Baugenehmigungen verbunden worden.

Die Freilassung der Gefangenen war die einzige von ursprünglich drei Vorbedingungen der palästinensischen Seite, auf die sich Netanjahu einlassen wollte, um Abbas den Weg zur Wiederaufnahme der seit drei Jahren unterbrochenen »Friedensgespräche« zu erleichtern. Die anderen beiden Forderungen des Palästinenserpräsidenten, Akzeptierung der Grenzen von 1967 als Verhandlungsgrundlage und Baustopp in den besetzten Gebieten, lehnte Netanjahu rundweg ab. Nun wird seit Juli 2013 wieder »Friedensprozeß« gespielt.

Damals wurde ein Zeitrahmen von neun Monaten vereinbart. Der endet im April, ohne daß sich auch nur die geringste Annäherung abzeichnet. Kerry hat deshalb die Idee eines »Rahmenabkommens« ins Spiel gebracht, das lediglich einen unpräzisen, vorläufigen Charakter haben soll, aber es beiden Seiten erlauben könnte, auch nach Ablauf der neun Monate endlos weiter zu »verhandeln«. Berichten israelischer Medien zufolge soll dieses gesichtswahrende Alibidokument weder veröffentlicht noch von den Beteiligten unterzeichnet werden.

Auf israelischer Seite machen jedoch die Spielverderber von Rechtsaußen mobil. Der »Ministerausschuß für Gesetzgebung«, dem zehn Regierungsmitglieder angehören, hat am Sonntag mit acht gegen zwei Stimmen einen Gesetzentwurf beschlossen, der die Annektion des Jordantals vorsieht. Neben den vorgeschobenen Sicherheitsgründen geht es dabei hauptsächlich um die Wasserreserven dieses Gebiets.

Im Gegenzug hat die in Opposition befindliche Arbeitspartei zusammen mit der kleinen Linkspartei Meretz am Mittwoch einen alternativen Gesetzentwurf vorgelegt. Er soll eine einseitige Annektion des Jordantals verhindern und verlangt, daß der endgültige Status der seit 1967 von Israel besetzten Gebiete nur im Rahmen einer mit den Palästinensern auszuhandelnden Zweistaatenlösung festgelegt werden darf. Nach israelischen Pressemeldungen soll dieser Antrag schon in der nächsten Woche in der Knesset verhandelt werden, doch hätte er dort nicht die geringste Chance.

Vermutlich wird sich Netanjahu vorläufig mit dem auch von der früheren Außenministerin und jetzigen Justizministerin Zipi Liwni geteilten Argument durchsetzen: Solange die Verhandlungen mit den Palästinensern laufen, widerspräche jedes Gesetz, das den politischen Spielraum des Premiers beschränkt, den Interessen Israels.

* Aus: junge Welt, Freitag, 3. Januar 2014


Kerry wieder auf Nahosttour

Ultimatum für Ergebnisse läuft im April ab **

US-Außenminister John Kerry ist am Donnerstag zu seiner zehnten Nahostvermittlung binnen knapp eines Jahres in Israel eingetroffen. Dabei will er Medienberichten zufolge eine Rahmenvereinbarung für einen späteren Friedensschluss zwischen Israel und den Palästinensern vorlegen. Der Entwurf des etwa zehn Seiten langen Dokuments enthalte Regelungen für alle grundlegenden Forderungen beider Seiten, schrieb die »Jerusalem Post«. Ziel sei es, dass beide Seiten in diesem Rahmen über die schwierigen Details eines Friedensabkommens weiter verhandeln können, auch wenn die Neunmonatsfrist für die jetzigen Gespräche Ende April abläuft.

Bei den von Kerry eingefädelten Friedensgesprächen zwischen Israel und den Palästinensern geht es um die Beendigung des jahrzehntealten Konflikts durch eine Zwei-Staaten-Lösung. Dabei soll ein unabhängiger Palästinenserstaat geschaffen werden, der in Frieden neben Israel lebt. Die Widerstände gegen Kompromisse sind jedoch innerhalb der siedlerfreundlichen israelischen Regierung und in der palästinensischen Autonomiebehörde von Präsident Mahmud Abbas enorm.

Die Verhandlungspositionen liegen Medienberichten zufolge weit auseinander. Israel will von den Palästinensern als jüdischer Staat anerkannt werden. Außerdem beharrt es darauf, dass seine jetzige Truppenpräsenz auch innerhalb eines künftigen Palästinenserstaates an dessen Ostgrenze zu Jordanien erhalten bleibt. Die Palästinenser lehnen dies ab.

Abbas fordert einen Staat in den Grenzen von 1967 mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt, den Abzug der israelischen Soldaten und Siedler sowie eine faire Lösung für die Rechte der aus Israel geflüchteten oder vertriebenen Palästinenser und für deren Nachkommen. Hier mauert Israel.

** Aus: neues deutschland, Freitag, 3. Januar 2014


Raketenduell zum Kerry-Besuch

Roland Etzel über die Gefechte zwischen Gaza und Israel ***

Die US-Außenminister sind auch nicht mehr das, was sie mal waren; jedenfalls was den Respekt vor ihnen betrifft, wenn sie auf Besuch sind. Während Präsident Obamas Spitzendiplomat John Kerry in Israel verhandelte – und zwar über nichts weniger als einen Frieden zwischen Israel und den Palästinensern – , beschossen sich beide Seiten über die Gaza-Grenze hinweg mit Raketen. In früheren Zeiten hielt wenigstens Israel eine Schamfrist ein, bis der Staatsgast den Luftraum wieder verlassen hatte.

Doch man hat in Jerusalem derlei politische Pietät wohl von Anfang an nicht im Kalkül gehabt. Sonst hätte sich der rechte Flügel von Netanjahus Regierung kaum erdreistet, wenige Tage vor Kerrys Eintreffen Anspruch auf das in landwirtschaftlicher Hinsicht wertvollste Stück Palästina zu erheben. Da Kerry den unerwarteten Griff nach dem Jordantal bei seiner öffentlichen Erklärung in Jerusalem nicht erwähnte, fühlen sich die Großisrael-Befürworter mit ihrem Testballon wohl schon auf der Siegerstraße.

Und die Hamas in Gaza? Sie ist noch immer nicht allgemein als eine legitime Vertreterin des palästinensischen Volkes anerkannt, schon gar nicht von den USA. Kerry versucht gerade, sie auf seiner zehnten Nahosttour innerhalb eines Jahres zum zehnten Male zu ignorieren. Da wollte sich die Hamas wohl in Erinnerung bringen, obwohl Raketen dafür recht wenig taugen.

*** Aus: neues deutschland, Samstag, 4. Januar 2014 (Kommentar)


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