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Nujoma stößt auf internen Widerstand

Machtkampf bei der SWAPO in Namibia

Von Georg Krase *

In Namibia dominiert die ehemalige Befreiungsbewegung SWAPO seit der Unabhängigkeitserklärung 1990 zwar unangefochten – doch hinter den Kulissen ist ein Machtkampf entbrannt.

Die Regenzeit hat in Namibia verheißungsvoll begonnen. Das ist für das wüstenreiche Land sehr wichtig und deshalb ein Thema ersten Ranges. In der Politik ist der Machtkampf in der SWAPO vor allem ein Thema innerhalb der Partei. Ein Parteitag im August soll über den weiteren Kurs und die Führungsfrage entscheiden.

2005 war Sam Nujoma als Staatspräsident verfassungsgemäß nach drei Amtsperioden zurückgetreten, blieb aber Parteivorsitzender. Der gewiefte Politiker, der die SWAPO über Jahrzehnte des Befreiungskampfes zur Unabhängigkeit und zur politischen Dominanz im Lande geführt hat, will auch weiter die Fäden ziehen – zumindest als Parteivorsitzender, und das möglichst auf Lebenszeit.

Viele Namibier begrüßten den Wechsel zum neuen Präsidenten Hifikepunye Pohamba, vor allem den Abbau von Autokratie, die neue Offenheit. Pohambas demonstrative Bescheidenheit, der versöhnliche Umgang mit der Opposition, das Vorgehen gegen Korruption sind populär. Dieser Präsident lässt sich beraten, spricht mit dem politischen Gegner und respektiert ihn – Zeichen einer neuen politischen Kultur.

Dabei galt Pohamba als Mann Nujomas, der ihn 2004 als Nachfolger ausgesucht und gegen innerparteiliche Opposition durchgesetzt hatte. Den wichtigsten Gegenkandidaten, Hidipo Hamutenya, hatte Nujoma kurz vor der Entscheidung des SWAPO-Parteitags aus dem Ministeramt entlassen. Vor allem die jüngere Generation der SWAPO war enttäuscht, sie hatte von Hamutenya Reformen erhofft, ein Aufbrechen alter Strukturen und eine Erneuerung der Partei. Zwar zeigten Diskussion und Kampfabstimmung jenes Parteitags Ansätze einer bislang ungewohnten demokratischen Auseinandersetzung, doch durchgesetzt hat sich diese Kultur in der Partei bisher nicht.

Die Ära Nujoma ist keinesfalls beendet. Der Gründungspräsident und »Vater der Nation« kontrolliert die SWAPO und nimmt auch staatspolitische Aufgaben wahr. Dagegen macht sich in der Partei Unmut breit, bis hinein in die Führung. Den Rat altgedienter Führungsmitglieder, auch das Amt des Parteivorsitzenden an Pohamba abzugeben, wischte Nujoma glatt vom Tisch. Seither anhaltende heftige Diskussionen gelangen nur hin und wieder an die Öffentlichkeit. Ein anonymer SWAPOKenner prangerte 2006 in der Presse den diktatorischen Führungsstil Nujomas an und listete namentlich zahlreiche enge Kampfgefährten auf, die in der Vergangenheit abgestraft, degradiert und aus der Führung verdrängt worden waren. Nujoma wurden die Repression von Gefangenen der SWAPO im Exil, der unüberlegte und verlustreiche Einmarsch von SWAPO-Kämpfern 1989 in Namibia und die eigenmächtige Entscheidung für die Intervention im Kongo-Krieg vorgeworfen.

Damit verschärften sich Auseinandersetzungen in der Partei. Nujomas Anhänger konzentrierten ihre Angriffe auf Hidipo Hamutenya, der über Jahrzehnte in Schlüsselpositionen als graue Eminenz der SWAPO galt. Sein Name fand sich mit denen anderer führender Funktionäre auf einer Liste von 35 »imperialistischen Agenten«, die Nujoma 2004 vorgezeigt hatte, ohne ihre Herkunft nachzuweisen. Die Liste schwebt seither als Damoklesschwert über den Köpfen der Genannten.

Beim Parteitag im August soll eine Kampfabstimmung wie 2004 vermieden werden. In »bewährter Art« will man vorher die Weichen stellen. Es geht um die Wiederwahl Nujomas als Parteivorsitzender. Es wird lanciert, Nujoma könnte sogar – nach der verfassungsbedingten »Auszeit« – 2009 wieder als Staatspräsident antreten (er wird dann 80). Als neue SWAPOGeneralsekretärin wird Justizministerin Pendukeni Iivula-Ithana ins Spiel gebracht, eine Vertraute Nujomas. Die 51-Jährige wird auch schon als künftige erste Präsidentin Namibias gehandelt – aber wohl noch nicht für 2009.

In der SWAPO wächst Besorgnis über Schärfe und Ausmaß der Auseinandersetzungen. Die konträren Lager lassen sich weder ideologisch noch ethnisch abgrenzen, oft gibt persönliche Loyalität den Ausschlag. Pohamba ist um Ausgleich bemüht, wird sich aber nicht gegen Nujoma stellen. Kritiker Nujomas sehen die Gefahr einer offenen Spaltung der Partei. Einige warnen vor einer weiteren Zuspitzung, man müsse dem ehemaligen Staatschef einen ehrenvollen und sicheren Ruhestand garantieren. Doch der denkt offenbar nicht an den Ruhestand, auch wenn seine Wahrnehmung der Realität verwunderte, als er auf der Dezember-Tagung des Zentralkomitees jeden Fraktionismus in der Partei dementierte. Da schienen Prognosen über eine weitere gute Regenzeit in Namibia verlässlicher.

* Aus: Neues Deutschland, 7. Februar 2007


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