Namibia vor unruhigen Zeiten
Parteiaustritt eines SWAPO-Schwergewichts
Von Rolf-Henning Hintze *
Die Macht der SWAPO als Regierungspartei in Namibia ist nicht gefährdet, doch die Risse in der seit
der Unabhängigkeitserklärung 1990 regierenden Partei vermehren sich.
Nicht wenige sahen ihn einst als prädestinierten Nachfolger von Präsident Sam Nujoma: Hidipo
Hamutenya. Doch statt des ehemaligen Außenministers machte Hifikepunye
Pohamba 2004 das Rennen um die Präsidentschaft. Nun schlägt der Austritt Hamutenyas aus der
SWAPO politische Wellen. Auf einer Pressekonferenz hatte Hamutenya, langjähriges Mitglied des
Zentralkomitees und des Politbüros der SWAPO, auch die Aufgabe seines Parlamentsmandats
bekannt gegeben. Offen ließ er, ob er sich der Anfang November vom ehemaligen Handelsminister
Jesaya Nyamu gegründeten Partei RDP (Rally for Democracy and Progress) anschließt. Nyamu war
bereits 2004 auf Betreiben Nujomas aus der SWAPO ausgeschlossen worden.
Zugleich gaben weitere prominente SWAPO-Mitglieder, die auf der Pressekonferenz anwesend
waren, ihren Austritt bekannt. Dazu zählen Kandy Nehova, früher Präsident des Nationalrats (der
zweiten Kammer des Parlaments), der frühere Generalsekretär des Gewerkschaftsbundes, Peter
Naholo, der frühere Botschafter Shapua Kaukungwa und die ehemalige stellvertretende
Gefängnisministerin Michaela Hübschle.
Hamutenya, der im Alter von 22 Jahren in die SWAPO eintrat und ihr 45 Jahre angehörte,
begründete seinen Austritt damit, dass die Partei stagniere und ihre Visionen verloren habe. Neue
Ideen und Debatten würden nicht zugelassen, dabei seien Armut, Ungleichheit, ein bedauernswerter
Zustand der Bildungseinrichtungen, sich verschlechternde Gesundheitsdienste und Arbeitslosigkeit
die hervorstechenden Züge des Landes. Die Nation rufe nach der Einlösung der Versprechen, die
die SWAPO bei der Unabhängigkeit gemacht habe.
Hamutenya hatte dem Kabinett als Informationsminister, Handelsminister und zuletzt als
Außenminister angehört. 2004 wurde er von Präsident Sam Nujoma, der bis heute SWAPO-Führer
ist, kurz vor einem außerordentlichen Parteitag entlassen. Nujoma hatte ihm verübelt, dass er sich
um die Nominierung für die Präsidentschaftswahlen bewarb, obgleich Nujoma den heutigen
Staatspräsidenten Hifikepunye Pohamba bevorzugte. Nujoma sorgte auch dafür, dass sein
langjähriger Weggefährte nur noch einen fast aussichtslosen Listenplatz erhielt. Erst durch das
Ausscheiden anderer Abgeordneter rückte er wieder ins Parlament.
Beobachter räumen Hamutenya, falls er bei den Präsidentschaftswahlen 2009 gegen Amtsinhaber
Pohamba antreten sollte, durchaus Chancen ein. Obwohl Pohamba aufgrund seines
umgänglicheren Regierungsstils und eines entspannten Verhältnisses zu Organisationen der
Zivilgesellschaft populärer als sein Vorgänger ist, hat er es nicht vermocht, den verkrusteten
Parteiapparat zu reformieren und die Regierungsarbeit von ihrer Ineffizienz zu befreien. Hamutenya
indes gilt als sehr intelligent – viele nennen ihn auch verschlagen und undurchsichtig – und sucht
seit längerem die Nähe zu Unternehmern und Technokraten.
SWAPO-Generalsekretär Ngarikutuke Tjiriange zeigte sich dennoch gelassen: Die »Abtrünnigen«
hätten die Partei aus Frustration verlassen und nicht, weil sie eine bessere Programmatik anbieten
könnten. Tjiriange fügte hinzu: »Die SWAPO wird noch einige Zeit an der Macht bleiben und
weiterhin allen Namibiern, einschließlich dieser Überläufer, dienen.«
* Aus: Neues Deutschland, 14. November 2007
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