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Sagarmatha statt Gyanendra

Nepal will in asiatisches Bündnis und tilgt das Konterfei des Königs von den Geldscheinen

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Nepal zeigt Interesse an einer Bewerbung um Aufnahme in die Gruppe der »Shanghai Sechs« (SCO). Das berichtete am Montag die Kathmandu Post. Der Kooperationsgemeinschaft gehören China und Rußland, Kasachstan und Kirgistan, Tadshikistan und Usbekistan an. Indien, Pakistan, Iran und die Mongolei haben Beobachterstatus. Vornehmlich geht es der Gruppe um wirtschaftliche Zusammenarbeit. Nepal sieht in einer Mitgliedschaft die Möglichkeit, seinen Bedarf an Erdöl und Energie effektiver zu decken. Der Antrag könnte auf der 6. Konferenz der SCO im Juni gestellt werden.

Innenpolitisch hat die Regierung mindestens bis Freitag eine Ruhepause. Dann läuft das Moratorium der Organisatoren der Proteste in der Terai-Region ab. Regierungschef Girija Prasad Koirala hatte versichert, Forderungen der im Terai ansässigen Madhesi-Bevölkerung in der Interimsverfassung zu verankern. Daraufhin hatte das in der fruchtbaren Tiefebene aktive »Volksforum der Rechte der Madhesi« vorigen Dienstag seine Kampagne für Autonomie und gerechtere Repräsentation im Parlament für vorerst zehn Tage ausgesetzt. Forumchef Upendra Yadhav sprach bereits von einem Sieg seiner Kampagne, bei der über 20 Menschenleben zu beklagen waren.

Unterdessen bekräftigte Kommunikationsminister Dilendra Prasad Badu den Entschluß der Regierung, gegen 40 Kollaborateure mit dem monarchistischen Regime gerichtlich vorzugehen. Darunter befinden sich zwei Dutzend Minister der einstigen königlichen Marionettenregierung. Ihnen wird Machtmißbrauch und Unterdrückung während der Volksbewegung vom April 2006 vorgeworfen, die mit der weitgehenden Entmachtung von König Gyanendra endete. Drei Minister aus jener Zeit sitzen bereits in Haft. Sie werden allerdings angeklagt, den gewaltsamen Protest im Terai angeheizt zu haben.

Über das Schicksal der Monarchie soll die im Mai/Juni zu wählende verfassunggebende Versammlung entscheiden. König Gyanendras Demontage geht unterdessen weiter. Sein Konterfei wird auf der 10-Rupien-Banknote durch den höchsten Berg der Welt, ersetzt. Zunächst war vorgesehen, auf dem Geldschein Buddha abzubilden, dessen Geburtsort in Nepal liegt. Einige buddhistische Organisationen erhoben dagegen jedoch Einwände. Die Entscheidung für den Mount Everest, der in Nepal Sagarmatha heißt, traf das Kabinett in Kathmandu vorige Woche. Finanzminister Ram Sharan Mahat äußerte, es sei noch offen, welche Motive das Bild des Monarchen auf Banknoten anderer Nennwerte ersetzen werden.

* Aus: junge Welt, 13. Februar 2007


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