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Lehrerstreik in Nepal abgewendet

Politik und Gewerkschafter erzielen Kompromiß zum Umgang mit 23000 befristet Beschäftigten

Von Thomas Berger, Khatmandu *

Mit einer Einigung in letzter Minute haben Politik und Gewerkschaftsvertreter einen unbefristeten Streik der Lehrer in Nepal und damit eine weitere Krise im Bildungssystem des südasiatischen Landes verhindert. Das ausgehandelte Papier geht auf die wichtigsten Forderungen der Streikwilligen ein und will einen Schlußstrich unter jahrelangen Provisorien in Beschäftigungsfragen ziehen. Für etwa 23000 Lehrkräfte, die sich seit wenigstens sechs Jahren nur mit befristeten Verträgen durchschlagen, soll sich nun die Möglichkeit auf Festanstellung eröffnen.

Nepal hat große Probleme zu überwinden: Zehn Jahre dauerte der Bürgerkrieg, nach der demokratischen Revolution 2006 und dem Sturz der Monarchie folgte dann ein halbes Jahrzehnt innenpolitischer Zerrissenheit und Selbstblockade. Für die Aushilfslehrer, deren Einsatz längst zum Dauerzustand geworden ist, gab es bisher keine Lösung, so daß nun die in drei konkurrierenden Dachverbänden zusammengeschlossenen 21 Einzelgewerkschaften ihre Kräfte bündelten und mit Streik drohten. Noch immer hält sich auf Seiten von Nepal Teacher’s Union (NTU), Nepal Teacher’s Association (NTA) und Nepal Educational Republican Forum (NERF) eine gewisse Skepsis. »Wir haben den Streik erst einmal abgesagt und hoffen, daß die 34-Punkte-Einigung den 47 Forderungen unseres Katalogs entsprechen wird«, sagte Upendra Yadav, der NERF-Generalsekretär. Er ließ durchblicken, daß der Ausstand weiter eine Option sei für den Fall, daß das Parlament einige notwendige Entscheidungen nicht vornehmen.

Die Lehrkräfte auf befristeter Basis sollen zwei Offerten erhalten, zwischen denen sie wählen können. Eine beinhaltet die Übernahme in den dauerhaften Dienst unter der Voraussetzung, daß sie eine Prüfung absolvieren und dabei wenigstens 40 Prozent der erreichbaren Werte schaffen. Wer sich diesem Verfahren nicht stellen möchte oder schon in zu fortgeschrittenem Alter ist, kann mit einer Rente bzw. per »goldenem Handschlag« aus dem Dienst scheiden. Dafür soll die Zahl der Arbeitsjahre in befristeter Anstellung ausschlaggebend für die Abfindung sein.

Die Einigung sieht ebenfalls vor, jenen Lehrern eine Entschädigung zukommen zu lassen, die während des Bürgerkriegs gezwungen waren, ihren Job aufzugeben. Das Bildungsministerium hat sich zur Gründung einer speziellen Kommission bereiterklärt, deren Mitglieder noch ausstehende Fragen klären sollen. Dazu gehören extra Zuschüsse für Lehrkräfte in besonders abgelegenen Gebieten des Himalayastaates, eine Banküberweisung der Lehrergehälter und mögliche Veränderungen bei der Klassenstärke an den Schulen.

* Aus: junge Welt, 21. März 2012


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