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Torpedos gegen Prachanda

Nepali Congress auf destruktivem Oppositionskurs gegen die Koalitionsregierung

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Nepals Premier, Pushpa Kamal Dahal Prachanda, hat alle Hände voll zu tun, seit er im Sommer die Regierungsgeschäfte übernahm. Die starke Oppositionspartei Nepali Congress (NC) unter Expremier Girija Prasad Koirala wirft der von den Maoisten geführten Koalitionsregierung unaufhörlich Knüppel zwischen die Beine. Sie kann sich noch immer nicht mit der Rolle einer Oppositionspartei abfinden, obwohl sie sich selbst in diese Position manövriert hat. Ein gutes halbes Jahr ist seit den Wahlen zur verfassunggebenden Versammlung vergangen, die zugleich als Parlament fungiert. Doch mit der Ausarbeitung einer neuen Konstitution – ein Prozeß, für den zwei Jahre vorgesehen sind – wurde noch immer nicht begonnen. Subas Nemwang vom NC, der den Verfassungskonvent leitet, ergriff keine Initiative. Erst in dieser Woche wurden Regeln und Vorschriften für das Gremium veröffentlicht. Am kommenden Sonntag, so versprach Nemwang, soll das entsprechende Gremium der Volksvertretung mit der Ausarbeitung der ersten Paragraphen beginnen. Er kündigte an, die Aspirationen der verschiedenen sozialen und ethnischen Gruppen, der Madhesi in der südlichen Terai-Region, der Dalits, der Frauen und indigenen Gemeinschaften würden in der Konstitution so verankert, daß danach Nepal grundlegend verändert sein werde.

Zu Beginn der Woche hatte der NC der Regierung ein Memorandum mit neun Forderungen vorgelegt. Darin hieß es u. a., alle Abkommen müßten eingehalten werden, das von den maoistischen Rebellen während der Kriegsjahre zwischen 1996 und 2006 beschlagnahmte Eigentum müsse zurückgegeben und die paramilitärische Struktur der maoistischen Jugendliga aufgelöst werden. NC-Politiker unterstellen der KP (Maoistisch), eine »Ein-Parteien-Diktatur« etablieren zu wollen. Krishna Prasad Sitaula, einer der NC-Führer, verlangt, daß die Exrebellen unter keinen Umständen in die Armee integriert werden dürften. Das stelle ein großes Risiko für Nepal dar. Absichtlich übersieht er, daß diese Eingliederung Teil des Friedensabkommens ist, das der NC maßgeblich mitformuliert hat. Finanzminister Baburam Bhattarai von der KP Nepals (Maoistisch) erwiderte unbeirrt, die Übernahme der einstigen Kämpfer der Volksbefreiungsarmee werde in völliger Übereinstimmung mit dem Friedensabkommen von 2006 erfolgen.

Auch Regierungschef Prachanda läßt sich trotz aller künstlich errichteten Hürden nicht ins Bockshorn jagen. Er versicherte als Antwort auf das NC-Memorandum, alle Abkommen würden erfüllt sowie während des Krieges beschlagnahmtes Land und Eigentum bis Mitte Dezember zurückgegeben. Da, wo das nicht mehr möglich sei, werde eine Entschädigung bezahlt. Außerdem werde die Regierung Sorge dafür tragen, daß die Tausenden in den Kriegswirren Geflüchteten in ihre Heimatgebiete zurückkehren können. Er rief alle politischen Parteien auf, wenigstens bis zur Fertigstellung der Verfassung und den folgenden Parlamentswahlen an einem Strang zu ziehen. Nur so könnten die mit dem Sturz der Monarchie verbundenen Hoffnungen des Volkes auf ein besseres Leben auch erfüllt werden.

* Aus: junge Welt, 15. November 2008


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