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"Frieden und Demokratie erst, wenn die monarchistische Alleinherrschaft beseitigt ist"

In Nepal halten Proteste gegen den König an - Die letzten Meldungen


Widerstand wächst

Von Hilmar König, Delhi*

Nach weiteren Demonstrationen hat Nepals König Gyanendra der Opposition Wahlen im nächsten Jahr angeboten.

»Nieder mit der Regierung!« So lauteten am Sonntag [16. April 2006] Sprechchöre aus der Menge von tausenden Demonstranten in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu. Immer mehr Gruppen schließen sich den Protesten an, die von der Allianz aus sieben politischen Parteien (SPA) am 6. April initiiert worden waren. Zunächst wollte diese mit einem von den maoistischen Rebellen unterstützten viertägigen Generalstreik Druck auf de nepalesischen König Gyanendra ausüben. Doch angesichts des brutalen Vorgehens der Polizei, bei dem fünf Menschen getötet wurden, und trotz der zeitweiligen Ausgangssperren, des Versammlungsverbots und der Pressezensur weitete sich der Widerstand immer mehr aus und hält nun bereits fast 14 Tage an.

Im Namen der SAP rief Krishna Prasad Sitaula vom Nepali Congress, der stärksten Partei in Nepal, seine Landsleute auf, zivilen Ungehorsam zu leisten. So sollten etwa keine Steuern mehr gezahlt werden. Der Politiker forderte im im Ausland lebende Nepaler auf, ihre Überweisungen zu stornieren. Auch die internationale Hilfe solle vorerst gestoppt werden. Polizei und Soldaten bat er, die Seite zu wechseln.

Angesichts der für ihn immer bedrohlicher werdenden Situation sah sich König Gyanendra Bir Bikram Shah Dev am Sonntag veranlaßt, ausländische Diplomaten zur Audienz einzuladen. Die Botschafter Indiens und der USA sollen inzwischen die Besorgnis und die Vorstellungen ihrer Regierungen zur dramatischen Entwicklung im Hindu-Königreich vorgebracht haben. Gyanendra hatte am nepalischen Neujahrstag, der am 14. April begangen wurde, geäußert, dass es zum Mehrparteiensystem keine Alternative gebe. Demokratie verlange Zurückhaltung, und alle Formen von Extremismus seien unvereinbar mit ihr. Er erneuerte sein Angebot, im nächsten Jahr Parlamentswahlen abzuhalten.

Die SAP-Allianz reagierte ablehnend. Als erster Schritt müsse eine Allparteien-Regierung etabliert werden, forderte die Opposition. Dauerhaften Frieden und volle Demokratie könne es erst geben, wenn die monarchistische Alleinherrschaft beseitigt sei.

* Aus: Neues Deutschland, 18. April 2006

Die neuesten Meldungen aus den Nachrichtenagenturen

Im Konflikt zwischen Monarchie und Opposition in Nepal gerät die Lage nach Einschätzung Indiens zunehmend außer Kontrolle. Indien wolle sich nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einmischen, doch scheine die Situation in Nepal zunehmend aus dem Ruder zu laufen, sagte der indische Sondergesandte Karan Singh. Die Regierung in Neu Delhi forderte König Gyanendra auf, Gespräche mit den politischen Parteien seines Landes zu führen.
In der westnepalesischen Stadt Nepalgunj gingen mehr als 20.000 Demonstranten gegen Gyanendras autoritäre Herrschaft auf die Straße. Die Polizei setzte Tränengas ein und schoss in die Luft, ergriff aber dann die Flucht. Demonstranten griffen eine Baustelle an, die den Namen des Königs trägt. In Kathmandu wurden nach Polizeiangaben mindestens 25 Regierungsangestellte verhaftet, weil sie sich an den Demonstrationen beteiligt hatten. Trotz eines Verbots ist für Donnerstag [20. April] eine Großdemonstration in der Hauptstadt geplant, zu der 500.000 Teilnehmer erwartet werden.
Der indische Sondergesandte Singh soll am Mittwoch [19. April] in Nepal eintreffen. Indien ist größter Handelspartner des Landes und hatte Gyanendras Machtergreifung im Februar 2005 scharf kritisiert. Singh will dem König eine Botschaft des indischen Premierministers Manmohan Singh übergeben.
Westliche Diplomaten riefen Gyanendra dazu auf, eine weitere Eskalation der Lage durch Verhandlungen mit der Opposition zu verhindern. Dazu bleibe nicht mehr viel Zeit, sagte ein ranghoher westlicher Diplomat. Der König müsse einen ehrlichen Dialog mit der Opposition aufnehmen und die Demokratie wiederherstellen.
Gyanendra hatte vor rund 14 Monaten im Kampf gegen maoistische Rebellen den Ausnahmezustand verhängt und die Alleinherrschaft übernommen. Die politischen Parteien schaltete er schrittweise aus. Mittlerweile haben sich die maoistischen Rebellen der demokratischen Opposition angenähert.

AFP, 18. April 2006


Bei Protesten gegen die Monarchie in Nepal ist eine Frau ums Leben gekommen. Wie die Polizei am Mittwoch [19. April] mitteilte, wurde sie am Dienstagabend [18. April] während einer Demonstration in Nepalgunj im Westen des Landes von einer Tränenasgranate im Gesicht getroffen. Sie wurde über die Grenze in ein Krankenhaus der indischen Stadt Lucknow gebracht. Dort erlag sie ihren Verletzungen. Damit stieg die Zahl der Toten seit Beginn des Generalstreiks der Opposition vor zwei Wochen auf insgesamt sechs. In Nepalgunj waren am Dienstag mehr als 20.000 Demonstranten gegen die autoritäre Herrschaft von König Gyanendra autoritäre Herrschaft auf die Straße gegangen. Ungeachtet eines Verbots ist für Donnerstag eine Großdemonstration in der Hauptstadt Kathmandu geplant, zu der die Opposition 500.000 Teilnehmer erwartet.

AFP, 19. April 2006


Nach tödlichen Ausschreitungen bei Massenkundgebungen in Nepal hat ein Menschenrechtsbeobachter der Vereinten Nationen die Regierung zur Zurückhaltung gemahnt. Die nepalesischen Behörden sollten die für Donnerstag geplante Massenkundgebung in der Hauptstadt Kathmandu zulassen, forderte der Vertreter des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte in Nepal, Ian Martin, am Mittwoch in Genf. Die Organisatoren müssten ihrerseits dafür sorgen, dass die Demonstration friedlich verlaufe. "Wenn sich das jüngste Verhalten der Sicherheitskräfte wiederholt, könnte die Demonstration morgen ein weiterer Spannungspunkt werden, mit ernsthaften Folgen für die Menschenrechte."

AFP, 19. April 2006


Bei neuen Protesten gegen die Alleinherrschaft von König Gyanendra hat die nepalesische Polizei am Mittwoch 250 Professoren festgenommen. Die Demonstranten hatten sich ungeachtet eines Ausgehverbots zu einer Kundgebung in dem Ferienort Pokhara versammelt. Dort waren am Dienstag bei gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Oppositionsanhängern und der Polizei erneut mindestens zwölf Menschen verletzt worden. Eine Frau starb an ihren Verletzungen.

AP, 19. April 2006


Am Vortag der geplanten Massenkundgebung gegen Nepals König Gyanendra hat die Polizei eine Ausgangssperre verhängt und jedem, der sich dennoch auf die Straßen wagt, mit sofortiger Erschießung gedroht. Die Ausgangssperre gelte am Donnerstag [20. April] von 02.00 Uhr (04.00 Uhr MESZ) bis 20.00 Uhr Ortszeit, teilten die Behörden in Kathmandu mit. Jeder, der dagegen verstoße, werde sofort erschossen. Bereits am Mittwoch wurden nach Angaben einer Menschenrechtsorganisation mindestens vier Menschen getötet, als sie an einer Demonstration im Bezirk Jhapa im Osten des Landes teilnahmen. Dutzende Menschen seien verletzt worden, als Armee und Polizei das Feuer auf die Demonstranten in Chandragadhi eröffnet hätten.

AFP, 19. April 2006




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