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Gefahr abgewendet

Marxisten/Leninisten Nepals für Fortsetzung der Regierungskoalition

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Der seit Mitte Februar tagende 8. Generalkonvent der KP Nepals (Vereinte Marxisten und Leninisten) hat den bisherigen Generalsekretär Jhala Nath Khanal mit 913 Delegiertenstimmen zum ersten Exekutivvorsitzenden in der Parteigeschichte gewählt. Das wurde am Mittwoch (25. Feb.) in Kathmandu bekanntgegeben. Bislang gab es nur einen zeremoniellen Vorsitzenden. Doch dieses Amt war nach dem Tode von Man Mohan Adhikari im April 1999 nicht wieder besetzt worden. Der Generalkonvent brachte zahlreiche Neuerungen, die darauf zielen, die demokratischen Parteistrukturen zu stärken. Die Führung und 111 ZK-Mitglieder wurden erstmals direkt von den Delegierten gewählt. Bislang geschah das durch Konsens. Ein neues Statut legt eine veränderte Hierarchie fest: Chef der Partei ist der Vorsitzende, ihm folgen drei Stellvertreter, ein Generalsekretär sowie drei Sekretäre. Khanal unterstrich, bei der KPN (VML) handele es sich um eine »revolutionäre Partei«. Den überwältigenden Wahlsieg der Maoisten im vorigen Jahr verglich er mit der Sturzflut eines Gebirsgflusses, die schnell vorüber ist.

Als Alternative zu Jhala Nath Khanal trat Khadga Prasad Oli an, der 796 Stimmen erhielt. Dieses Votum entschied indirekt auch über den Fortbestand der Regierungskoalition. In ihr bildet die KPN (VML) mit 107 Abgeordneten im Verfassungskonvent die zweitstärkste Kraft. Khanal befürwortet diese Koalition, obwohl ihm ein Kabinett des nationalen Konsenses unter Einschluß der Opposition lieber wäre.

Oli hingegen, der sich mit dem Chef der scharf opponierenden Partei Nepali Congress und Expremier Girija Prasad Koirala besonders gut versteht, hätte diese Koalition mit den Maoisten und Madhesi-Parteien der südlichen Terai-Region wahrscheinlich aufgekündigt und Nepal damit in eine tiefe politische Krise gestürzt. Diese Gefahr ist nun abgewendet. Auch der neue Generalsekretär Ishwar Pokharel gehört dem Lager Khanals an. Koirala und Premier Pushpa Kamal Dahal Prachanda waren bei der Eröffnung des Generalkonvents der KPN (VML) anwesend. Das Votum zerschlug alle Hoffnungen Koiralas, mit Hilfe der Oli-Fraktion die Maoisten von der Macht zu verdrängen.

Jhala Nath Khanal führte nach der Wahl eine Reihe zu lösender Aufgaben an: Notwendig seien Kooperation und einheitliches Handeln aller politischen Parteien, um den inneren Frieden zu sichern und Stabilität in die politischen Verhältnisse zu bringen. Hauptaugenmerk gelte der Ausarbeitung der neuen Verfassung. Das dafür federführende Gremium wird von Madhav Kumar Nepal geleitet, dem früheren Generalsekretär der Vereinten Marxisten und Leninisten. Der Friedensprozeß, so Khanal weiter, müsse abgeschlossen werden. Er sprach sich unmißverständlich für die Vereinigung der ehemaligen maoistischen Guerilla mit der nationalen Armee aus. Die Konsolidierung der Demokratie, der Umbau der staatlichen Verwaltungsstrukturen sowie eine »ökonomische Revolution« gehörten zu den Prioritäten.

* Aus: junge Welt, 26. Februar 2009


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