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Prachanda stellt Regierung Ultimatum

Nepals Maoisten wollen Ausrufung der Republik

Von Christoph Nepram, Delhi *

Wenige Wochen vor den geplanten Parlamentswahlen droht Nepals Regierung auseinanderzubrechen. Die Maoisten kündigten den Rückzug aus der Koalition an, sollte der Premier nicht bis heute ihre Forderungen erfüllen.

Die Warnung kam von höchster Stelle. Nach einem Treffen mit Nepals Premierminister Girija Prasad Koirala am Samstagabend kündigte der Vorsitzende der Kommunistischen Partei Nepals/Maoisten, Pushpa Kamal Dahal alias Prachanda, an, die seit April bestehende Koalitionsregierung platzen zu lassen. Bei der Unterredung hatte Prachanda einen 22 Punkte umfassenden Katalog übergeben, in dem die Maoisten unter anderem die Ausrufung der Republik noch vor den für November geplanten Wahlen zu einer Verfassunggebenden Versammlung verlangen. Das Papier wurde bereits im August bekannt, doch um den darin enthaltenen Forderungen Nachdruck zu verleihen, setzte Prachanda dem Premier ein Ultimatum bis zum heutigen Montag.

Die aus sieben Parteien und den Maoisten bestehende Koalitionsregierung war im April gebildet worden. Knapp ein Jahr zuvor hatten die Maoisten ihren zehnjährigen bewaffneten Kampf beendet, nachdem König Gyanendra unter Druck von Bevölkerung und Opposition weitgehend entmachtet worden war. Regierung und Maoisten schlossen anschließend einen Friedensvertrag. Im Mai dieses Jahres verständigte sich die Koalition auf einen Termin für Wahlen. Dabei sollen die 27 Millionen Wahlberechtigten im November auch über die Zukunft der Monarchie in Nepal entscheiden.

Die Maoisten haben nie ein Hehl daraus gemacht, dass sie für die vollständige Abschaffung der Monarchie kämpfen. Doch ihre nachdrücklich Forderung knapp zwei Monate vor den Wahlen hat auch die Koalitionspartner überrascht. Premier Koirala habe den Maoisten klar gemacht, dass es »unmöglich« sei, die Republik sofort auszurufen, sagte Innenminister Krishna Prasad Sitaula nach dem Treffen in der Hauptstadt Katmandu. Es gebe »verbindliche« Abmachungen, dass darüber in der ersten Sitzung der neuen Nationalversammlung entschieden werde. Sollten die vier maoistischen Minister die Regierung dennoch verlassen, würde sich die Partei unglaubwürdig machen.

Ein Ende der Koalition ist aber nicht gleichbedeutend mit dem Ende des Friedens- und Demokratisierungsprozesses. Medienberichten zufolge spricht sich eine deutliche Mehrheit im Zentralkomitee der KPN/Maoisten auch bei einem vorzeitigen Scheitern der Regierung für die Teilnahme an den Wahlen im November aus. Für diesen Fall suche die Parteispitze bereits nach politischen Partnern.

* Aus: Neues Deutschland, 17. September 2007


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