Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Nepals Maoisten halten an Waffen fest

Vor neuen Gesprächen Regierung – Rebellen

Von Hilmar König, Delhi *

Noch im Laufe dieser Woche wollen sich Regierungsvertreter Nepals und der maoistische Rebellenführer Pushpa Kamal Dahal alias Prachanda in Katmandu zu einer dritten Gesprächsrunde treffen. Je mehr es um die Details geht, desto deutlicher werden die widersprüchlichen Positionen. Auch wenn Prachanda letzte Woche erklärt hat, es werde keine Rückkehr zum Krieg geben, sind längst nicht alle Probleme aus der Welt. Tief sitzt das Misstrauen zwischen den maoistischen Rebellen und den politischen Parteien. Noch tiefer ist die Feindschaft zwischen den Aufständischen und der Armee, die sich rund ein Jahrzehnt lang bekämpft haben. Dazu sorgt manche Bemerkung Prachandas für Irritationen. Beispielsweise dieser Satz vom Wochenende: »Maoisten sollten dieses Land führen. Die Menschen haben die Monarchie und die parlamentarischen Parteien erlebt. Diesmal will die überwältigende Mehrheit eine Führerschaft der Maoisten.«

Viele bürgerliche Politiker und erst recht König Gyanendra und die Armee graut es jedoch vor einer Alleinherrschaft der Aufständischen. Skeptisch blickt auch Indien, die eigene maoistische Guerilla im Nacken, auf ein solches Szenario. Und die Strategen in Washington drohen bereits. USABotschafter James Moriarty warnte Premier Girija Prasad Koirala am Freitag, dass die Bush- Regierung die Entwicklungshilfe streichen werde, wenn in Nepal eine Regierung gebildet wird, an der die Rebellen beteiligt sind. Diese müssten zuvor entwaffnet werden. Die Maoisten stehen auf der USA-Liste internationaler Terrororganisationen. Prachanda kritisierte, solche Drohgebärden würden »den Friedens-prozess unterminieren«.

»Wenn wir unsere Waffen abgeben, wäre das für uns Massenselbstmord«, äußerte Dinanath Sharma aus der Führung der KP Nepals (Maoistisch). Denn die Armee werde ihre Waffen einsetzen, »um die Demokratie zu zerschmettern«. Immerhin: Auf den Militärbajonetten ruhte bislang das monarchistische Regime. Deshalb hält sich das Militär auch bedeckt gegenüber den vagen Vorstellungen der Maoisten, ein »gemeinsames Komitee aus Generälen und Guerillakommandeuren« zu bilden. Als Oberkommandierender würde der jeweilige Regierungschef fungieren. Das Komitee sollte die neuen Streitkräfte führen, die getrennt stationiert bleiben. Von Entwaffnung ist in diesem Konzept keine Rede.

So regt sich auch unter den Parteien Widerstand. Madhav Kumar Nepal, Generalsekretär der KPN (Vereinte Marxisten und Leninisten), der zweitstärksten Partei, hält eine Übergangsregierung unter Beteiligung der Maoisten erst für möglich, wenn das »Waffenmanagement« geregelt ist. Die Rebellen müssten einsehen, dass mit Gewalt und Zwang, Drohungen, Einschüchterung und Urteilen so genannter Volksgerichte keine Unterstützung im Volke zu erlangen sei.

Das »Waffenmanagement« wird wohl die entscheidende Frage der Verhandlungen werden. Bislang hält die Guerilla an dieser Reihenfolge fest: Erst Regierungsbeteiligung und Wahlen zur verfassunggebenden Versammlung, dann eine provisorische Verfassung, schließlich die Lösung der Waffenfrage. Vor Wochen noch schlugen die Rebellen vor, die UNO könnte Soldaten und Guerilla vor Wahlen gleichzeitig unter Kontrolle halten. Davon rückten sie inzwischen ab. »Warum müssen wir Ausländer einladen? Versuchen wir es doch erstmal selbst«, zitierte die »Kathmandu Post« Prachanda.

* Aus: Neues Deutschland, 4. Juli 2006


Zurück zur "Nepal"-Seite

Zurück zur Homepage