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Kein Ende im Streit um den San Juan

OAS ruft Außenminister-Sondersitzung ein, die zwischen Costa Rica und Nicaragua vermitteln soll

Von Harald Neuber *

Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hat im Grenzstreit zwischen Costa Rica und Nicaragua eine Außenministerkonferenz für den 7. Dezember angesetzt.

Costa Rica wirft Nicaragua vor, in den vergangenen Wochen die Grenze zwischen beiden Staaten verletzt zu haben. Soldaten hätten auf einer Insel des Grenzflusses San Juan ein Lager errichtet. Costa Rica, das seit 1948 über keine Armee mehr verfügt, entsandte daraufhin zusätzliche Sicherheitskräfte in das Gebiet. Der Grenzverlauf zwischen beiden Staaten hat seit dem 19. Jahrhundert immer wieder für Streitigkeiten gesorgt.

Vor der Sitzung der OAS in Washington Ende vergangener Woche ließ Costa Ricas konservative Präsidentin Laura Chinchilla keinen Zweifel an der Entschlossenheit ihrer Regierung, weiter Druck auf Managua auszuüben. Parallel zu der Sitzung in der US-Hauptstadt Washington reichte ihre Regierung Klage gegen das Nachbarland vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag ein, um mit »einstweiligen Maßnahmen« den Bau eines nicaraguanischen Kanals am Grenzfluss zu verhindern. Zuvor hatte auch Nicaraguas Präsident Daniel Ortega eine Klage vor dem IGH angekündigt.

Bei dem Treffen in Washington am 7. Dezember soll OAS-Generalsekretär José Miguel Insulza einen Bericht zu dem Disput vorstellen, schreibt die kubanische Nachrichtenagentur Prensa Latina. Zudem könnten sich die Außenminister der Regionalorganisation bei dem Treffen »auf angemessene Maßnahmen einigen«, hieß es nach einer Dringlichkeitssitzung.

Managua verteidigt sein Vorgehen weiter. Laufende Ausbaggerungsarbeiten am Fluss San Juan seien notwendig, um das Gewässer für Schiffe passierbar zu machen. Die Stationierung von Armeeeinheiten auf der eigenen Uferseite begründet die nicaraguanische Regierung mit aktuellen Maßnahmen gegen den Drogenhandel.

Offen ist, ob die Debatte in der OAS zur Beilegung der Krise beiträgt oder sie weiter verschärft. 22 Delegationen der Regionalorganisation stimmten vorige Woche für die Einberufung des Sondergipfels. Sieben enthielten sich, Venezuela votierte dagegen. »Wir versuchen hier, mit Benzin ein schwelendes Feuer zu löschen«, protestierte Caracas' Gesandter Roy Chaderton. Auch Ecuadors OAS-Botschafterin Maria Isabel Salvador beschwerte sich, dass die OAS ihre Mitglieder zur Parteinahme zwinge. Nicaraguas Vertreter Denis Moncada blieb der Sitzung fern. In Ecuador und Venezuela wurde die Regionalorganisation nach der Entscheidung für eine Verschärfung der Krise verantwortlich gemacht. Die OAS hebe mit ihrer derzeitigen Politik das eigene Grab aus, warnte Venezuelas Vertreter Chaderton.

Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete, wurde in der costaricanischen Hauptstadt San José indes Haftbefehl gegen den ehemaligen sandinistischen Kommandanten Edén Pastora erlassen. Dieser leitet die Aushebarbeiten im Flussbett des Grenzgewässers. Der Haftbefehl des Nachbarlandes schüchtere ihn nicht ein, sagte der Politiker gegenüber dem Nachrichtenportal El 19. Allerdings Ortega ihn gebeten, einen angemessenen Sicherheitsabstand zu der Grenze zu halten, berichtete Pastora.

* Aus: Neues Deutschland, 22. November 2010


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