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Mit friedlichen Mitteln

IRA-Splittergruppe INLA erklärt ihren bewaffneten Kampf für beendet

Von Florian Osuch *

Die Irish National Liberation Army (INLA) hat am Sonntag ihren bewaffneten Kampf gegen die britische Besatzung im Norden Irlands für beendet erklärt. Martin McMonagle vom politischen Arm der INLA überbrachte die Nachricht während einer Gedenkveranstaltung im irischen Wicklow. Die INLA werde in Zukunft ausschließlich mit friedlichen Mitteln für eine sozialistische irische Republik eintreten. Zu diesem Schluß sei die Untergrundorganisation nach ausführlichen Debatten und Beratungen gekommen. »Der bewaffnete Kampf ist beendet«, hieß es unmißverständlich. Martin McMonagle äußerte, daß sich seine Bewegung den Analysen der INLA anschließe und den Schritt zum Aufbau einer linken Partei auf den Grundsätzen von »Gleichheit, Gerechtigkeit, Würde und Menschenrechte« voll unterstützte.

Das Statement erfolgte während eines Besuchs der US-amerikanischen Außenministerin Hillary Clinton in Irland. Gestern traf sie in Belfast ein, um mit Spitzenpolitikern der Konfliktparteien auch über die Entwicklung im Friedensprozeß in Nordirland zu sprechen. Im März diesen Jahres töteten mutmaßlich proirische Untergrundkämpfer zwei britische Soldaten sowie einen Polizisten.

Politiker begrüßten die Entscheidung der INLA, zeigten sich jedoch auch skeptisch, da die Gruppierung keine konkreten Schritte zur Entwaffnung aufzeichnete. Gerry Adams, Präsident der irischen Linkspartei Sinn Féin, begrüßte die Entwicklung, äußerte jedoch gegenüber BBC, daß »mit Blick auf die Geschichte der INLA auch Skepsis« bleibe. Er appellierte an andere irische Splittergruppen, dem Willen der irischen Bevölkerung zu folgen. Mit deutlicher Mehrheit hatten die Bürgerinnen und Bürger im Norden wie im Süden Irlands 1998 für ein Friedensabkommen votiert. Gruppierungen wie die »Real IRA« oder die »Continuity IRA« halten am bewaffneten Kampf fest.

Shaun Woodward, britischer Staatssekretär für Nordirlandangelegenheiten unter Premierminister Gordon Brown, begrüßte ebenso die Entscheidung. Allerdings gelte das gleich wie für alle paramilitärischen Organisationen zuvor, »den Worten müssen auch Taten folgen«, so Woodward. Er forderte die INLA auf, zügig Kontakt mit der Entwaffnungskommission aufzunehmen.

Die INLA wurde 1974 gegründet, nachdem es innerhalb der irisch-republikanischen Bewegung zu Zerwürfnissen um die Strategie und um ein sozialistisches Programm gekommen war. Die INLA verübte Anschläge gegen britische Soldaten und Polizisten aber auch gegen Einrichtungen der NATO. 1979 tötete sie Airey Neave, einen engen Vertrauten der damaligen britischen Premierministerin Margaret Thatcher. Politische Gefangene der IRA sowie der INLA führten 1981 einen Hungerstreik, bei dem zehn junge Männer, darunter drei Aktive der INLA, starben.

In den 1980er Jahren wurden zahlreiche Angehörige der INLA im Zuge innerer Streitigkeiten, durch Mordanschläge britischer Todesschwadronen oder durch gezielte Morde britischer Sicherheitskräfte getötet. Die INLA verlor mehr und mehr an Bedeutung.

* Aus: junge Welt, 13. Oktober 2009


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