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Trimbles Nachfolger heißt Empey

Neuer UUP-Chef weckt Hoffnungen für Friedensprozess in Nordirland

Von Mattes Standke, London*

In Nordirland trat am Wochenende der als »versöhnlich« geltende Politiker Sir Reg Empey die Nachfolge von David Trimble als Chef der protestantischen Ulster Unionist Party (UUP) an.

Die Mehrheit auf einer Parteiversammlung in Belfast – 321 zu 287 Stimmen für den Gegenkandidaten Alan McFarland – war zwar knapp, doch mit der Wahl Reg Empeys zum UUP-Chef dürfte die auffällige Radikalisierung der probritischen Parteien Nordirlands vorerst gestoppt sein. Denn Empeys Erfolg gilt als Sieg für das progressive Lager der Partei und könnte Bewegung in den festgefahrenen Friedensprozess bringen. »Das wird eine Mammutaufgabe, ich mache mir da keine Illusionen«, gab der 57-jährige Hoffnungsträger zu.

Empeys Amtsvorgänger, Friedensnobelpreisträger Trimble, war nach den britischen Unterhauswahlen im Mai zurückgetreten: Die UUP hatte das schlechteste Wahlergebnis ihrer hundertjährigen Geschichte eingefahren.

Empey, in der Nacht zum Sonnabend (25. Juni) erst im zweiten Wahlgang gewählt, kündigte an, er wolle »einen Neuanfang wagen« und alte Parteistrukturen »aufbrechen und verjüngen«. McFarland ließ verlauten, er werde dem ehemaligen nordirischen Handelsminister auf seinem Reformkurs als neuer Parteichef »keine Steine in den Weg legen«. Für einen Spitzenpolitiker der UUP eine durchaus ungewöhnliche Absicht. Denn der erdrutschartige Fall der Ulster Unionisten – jahrzehntelang die bestimmende politische Kraft in der britischen Unruheprovinz – ist weitestgehend hausgemacht. Seit Unterzeichnung des Karfreitags-Friedensabkommens von 1998, in dem sich probritische und proirische Parteien auf eine gemeinsame Verwaltung Nordirlands einigten, ist die Partei zerstritten. Erbitterte Grabenkämpfe zwischen Abkommensbefürwortern wie Empey und Abkommensgegnern haben ihr Ansehen schwer beschädigt. Profitieren konnte davon nur die radikal probritische Democratic Unionist Party (DUP). Mit ihrem populistischen Nein zum Friedensabkommen zog sie an der UUP vorbei und hat sich mittlerweile deutlich als stärkste Partei etabliert.

Unterdessen haben die Regierungschefs Großbritanniens und Irlands erneut die proirische Untergrundorganisation Irisch Republikanischen Armee (IRA) zur vollständigen Waffenaufgabe aufgerufen. Trotz eines 1997 erklärten Waffenstillstands ist die IRA noch immer hochgerüstet und trainiert weiterhin bis zu 1500 Rekruten. Dies gab Irlands Justizminister Michael McDowell Ende vergangener Woche bekannt. Eine vollständige IRA-Entwaffnung gilt als Bedingung für die Wiederaufnahme der nordirischen Selbstverwaltung, an der auch die IRA-nahe Partei Sinn Féin beteiligt ist. Deren Chefunterhändler Martin McGuinness sagte unlängst gegenüber der BBC, er hoffe auf eine »baldige und positive Antwort der IRA« in der alles entscheidenden Waffenfrage.

Nordirlands religionsübergreifende Regierungskoalition wurde vor drei Jahren von der britischen Regierung auf Eis gelegt, nachdem die Minister von UUP und DUP wegen angeblicher Spionage durch Sinn-Féin-Mitglieder ihren Rückzug angedroht hatten. DUP-Parteichef Ian Paisley hatte in den vergangenen Wochen wiederholt betont, für ihn werde eine Zusammenarbeit mit Sinn Féin nicht in Frage kommen, so lange die IRA sich nicht »nachweislich aufgelöst« habe. Eine Position, der sich die proirische Partei Social Democratic and Labour Party (SDLP) und auch der neue UUP-Chef Sir Reg Empey ausdrücklich anschließen. Doch im Gegensatz zu Paisleys DUP hat Empey, einer der Architekten des Friedensabkommens von 1998, angekündigt, er wolle trotz seines Protestes gegen die IRA auch weiterhin »Brücken im Friedensprozess« schlagen.

* Aus: Neues Deutschland, 28. Juni 2005


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