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Die Vermessung des norwegischen Meeres

Das Mareano-Projekt erkundet Küstengewässer

Von Andreas Knudsen, Kopenhagen *

Norwegens Regierung erforscht in einem Mammutprojekt seine Küstengewässer. Unterstützung erhält sie dabei von der Marine und der Offshore-Industrie.

Norwegen hat von jeher vom Meer gelebt. War es für viele Jahrhunderte die Fischerei, die einen großen Teil der Bevölkerung ernährte, kam vor einem Menschenalter die Offshore-Industrie hinzu. Wie es aber unter der Wasseroberfläche aussieht, ist nur wenig bekannt. Das zu ändern ist Anliegen des Mareano-Projektes, bei dem die norwegischen Ministerien für Fischerei und Küstengewässer, Umwelt und Wirtschaft ihre Kräfte bündeln. Seit 2006 sind sie systematisch dabei, eine Rundumuntersuchung der Schelfgewässer vorzunehmen.

Das Projekt ist umfassend, denn es werden neben systematischen Tiefenmessungen auch Sedimentproben entnommen, sowie die Fauna und Flora des Meeres untersucht. Ein weiterer Schwerpunkt der Maßnahme ist die Aufdeckung eventueller Umweltschäden, die durch die verschiedenen industriellen Aktivitäten wie Schifffahrt oder Fischerei verursacht worden sind.

Die Untersuchungen sind nicht allein von wissenschaftlichem Interesse, sondern bilden eine wesentliche Grundlage für die Erarbeitung von Verwaltungsplänen für die Küstengewässer. Die Angaben zur biologischen Vielfältigkeit sind Teil der Einschätzungen, welche Fischereiquoten festgelegt werden können. Auch für die Entscheidung, ob die Gewässer für die Offshore-Industrie geöffnet werden, sind die Daten wichtig.

So wird in Norwegen seit Jahren diskutiert, ob die Gebiete ab der Lofoten-Inselgruppe für die Förderung von Öl und Gas freigegeben werden oder ob sie unter erhöhten Schutz gestellt werden sollen. Für letzteres treten eine Reihe Umweltorganisationen ein, die die fragile arktische Natur schützen wollen.

Unterstützt wird das Projekt von der Offshore-Industrie. Sie stellt ihre Daten zu Tiefenverhältnissen zur Verfügung, um die Untersuchungen voranzutreiben und Doppelarbeit zu vermeiden. Dies ist umso leichter, da das größte Unternehmen Statoil sich weitgehend in staatlichem Besitz befindet. Auch die norwegische Marine verfügt über Messungen, die mit einbezogen werden.

In den letzten Jahren wurden in den Sommer- und Herbstmonaten Vermessungs- und Forschungsfahrten unternommen. In diesem Jahr wird die Fahrt erstmals in eine Zone gehen, in der Norwegen und Russland sich mehrere Jahrzehnte lang nicht über den Grenzverlauf einigen konnten. Mit dem Abkommen von 2010 wurde dem ein Ende gesetzt und das Gebiet in etwa paritätisch aufgeteilt zwischen den Nachbarn.

Das Einzigartige am norwegischen Forschungsprojekt ist die Transparenz, die von den Gestaltern an den Tag gelegt wird. Alle Ergebnisse werden für jedermann verfügbar ins Internet gestellt.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 9. Juli 2013


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