Ost-Timor: Australien hält Beweise zurück
Brisantes Material über indonesische Gräueltaten unter Verschluss - Pressemitteilung von Watch Indonesia!
Auch wenn die folgende Pressemitteilung von "Watch Indonesia!" bereits eine Woche alt ist, ist sie es wert, hier dokumentiert zu werden. Die juristische und politische Aufarbeitung der Verbrechen an der osttimoresischen Bevölkerung wird von verschiedenen Seiten behindert. Dass Australien hierin ebenfalls eine problematische Rolle spielt, kommt nach den vielen Berichten über die skandalöse Behandlung von Flüchtlingen in den letzten Monaten nicht mehr überraschend.
Brisantes Material über die Verwicklungen von Militär und Regierung
Indonesiens in die Gräueltaten in Ost-Timor liegt offenbar in Australien
unter Verschluss. Nach Angaben des Sydney Morning Herald vom 14. März
2002 verfügt die Abhörabteilung (DSD) des australischen Geheimdienstes
(DIO) in ihrer elektronischen Datenbank über Aufzeichnungen des Funk-
und Nachrichtenverkehrs des indonesischen Militärs (TNI) aus der Zeit
der Ost-Timor Krise 1999. Darin sollen deutliche Hinweise enthalten
sein, dass drei Minister der Habibie-Regierung und führende Militärs,
die bis heute hohe Ämter bekleiden, den Terror gegen die Bevölkerung von
Ost-Timor und der Sabotage der UN-Mission zu verantworten haben.
So habe der damalige koordinierende Minister für Politik, Soziales und
Sicherheit im Kabinett des Interimspräsidenten B.J. Habibie, General
Feisal Tandjung, eine maßgebliche Rolle gespielt. Er soll sich einer
geheimen Befehlskette bedient haben, die parallel zu den
Befehlsstrukturen des indonesischen Militärs (TNI) verlief. Diese
Befehlskette, die bis zu den Milizen reichte, sei durch Offiziere aus
den Spezialtruppen des Heeres (Kopassus), die wie auch Tandjung selbst
über Einsatzerfahrung in Ost-Timor verfügten, gebildet worden. Eine
wichtige Funktion hätten dabei Generalmajor Zacky Anwar Makarim und
Generalmajor Sjafrie Sjamsuddin übernommen, die beide als
Verbindungsoffiziere zu den UN in Ost-Timor im Einsatz waren. Des
Weiteren erwähnt der Artikel insbesondere Mitschnitte von Gesprächen
zwischen Tandjung und Makarim aus der Zeit nach der offiziellen
Bekanntgabe der Ergebnisse des Referendums, die Diskussionen über
Details der Operation enthalten sollen, durch die ein Drittel der
ost-timoresischen Bevölkerung nach West-Timor vertrieben und die
Infrastruktur des Landes größtenteils zerstört wurde. In anderen
abgehörten Gesprächen soll Generalmajor Makarim mit dem damaligen
Minister für Transmigration, Generalleutnant A.M. Hendropriyono, der von
Präsidentin Megawati Soekarnoputri zum Chef des neuen
Geheimdienstministeriums ernannt wurde, sowie mit Generalleutnant Yunus
Yosfiah, dem Informationsminister im Kabinett Habibie, ebenfalls über
die Zwangsevakuierung diskutiert haben.
Bislang wurde dieses potentielle Beweismaterial jedoch von der
australischen Regierung weder den UN-Vertretern noch den Anklagebehörden
in Jakarta zugänglich gemacht. Selbiges gilt für Material indonesischer
Behörden, das die von Australien geführte internationale Friedenstruppe
(INTERFET) sicher stellte und bei der Übergabe des Kommandos an die UN
mit nach Australien nahm. Die australischen Behörden gaben den von den
UN eingesetzten Ermittlern zwar Hinweise auf die in dem Material
enthaltenen Informationen, verweigerten ihnen aber bislang die Einsicht
in die Originaldokumente. Mit der UN-Mission, so Watch Indonesia!, habe
die internationale Staatengemeinschaft die Verpflichtung übernommen, die
Verbrechen aufzuklären und die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen
(Resolution des UN-Sicherheitsrates 1272/1999). Folgerichtig sollten
alle Beweise den ermittelnden Behörden zugänglich gemacht werden.
"Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind per definitionem Verbrechen
gegen uns alle, politische Interessen dürfen die strafrechtliche
Aufarbeitung nicht blockieren und beeinflussen", heißt es in der
Pressemitteilung. "Anderenfalls droht der Verlust der Glaubwürdigkeit
und anhaltende Straflosigkeit." Watch Indonesia! forderte die
Bundesregierung auf, sich gegenüber der Regierung von Australien dafür
einzusetzen, die bisher zurückgehaltenen Dokumente freizugeben und somit
die UN und die Gerichtsbarkeit in Ost-Timor und Jakarta bei der
Aufklärung der Verbrechen zu unterstützen. Ein Versagen hierbei fördere
nur die anhaltende Straflosigkeit und wäre ein Garant für fortwährende
Menschenrechtsverletzungen in Indonesien.
Quelle: Silence over a crime against humanity, 14. März 2002; Hamish
McDonald, International Editor, Sydney Morning Herald;
http://www.smh.com.au
http://home.snafu.de/watchin/IntelAussie.htm (deutsch)
http://home.snafu.de/watchin/IntelAussie_indo.htm (Bahasa Indonesia)
Watch Indonesia!, 25. März 2002
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