Handel zwischen Musharraf und Bhutto?
Pakistans Präsident führte Geheimverhandlungen
Von Hilmar König, Delhi *
Die Anzeichen verdichten sich, dass es zwischen Pakistans Präsident General Pervez Musharraf
und der im Dubaier Exil lebenden früheren Ministerpräsidentin Benazir Bhutto zu einem »Deal«
kommt bzw. bereits gekommen ist.
Wenn man der pakistanischen Zeitung »The Daily Times« glaubt, ist der Entwurf für eine
Übereinkunft zwischen beiden Seiten vor wenigen Tagen nach intensiven Verhandlungen in Dubai
vollendet worden. Er enthält angeblich drei Elemente: Frau Bhuttos Pakistanische Volkspartei (PPP)
unterstützt General Musharraf bei den Präsidentschaftswahlen in der zweiten Jahreshälfte. Nach
den Parlaments- und den Provinzwahlen am Jahresende bestätigen die neuen Volksvertretungen
Musharrafs Wahl. Im Gegenzug verfolgt die Regierung in Islamabad nicht weiter die vor Schweizer
Gerichten anhängigen Prozesse gegen Frau Bhutto und deren Ehemann Asif Ali Zardari. Das würde
Benazir Bhuttos Rückkehr in die Heimat und ein politisches Comeback ermöglichen.
Nachdem General Musharraf im Oktober 1999 geputscht hatte, schickte er den abgesetzten Premier
Nawaz Sharif und dessen Familie ins Exil nach Saudi-Arabien, verbannte Frau Bhutto nach Dubai,
ließ ihren Gatten inhaftieren und gegen beide wegen Korruptionsverdacht Gerichtsprozesse
anstrengen. Inzwischen glaubt er seine Position so gefestigt, dass er im Rahmen der von ihm
versprochenen »wahren Demokratie« mit der PPP ohne großes Risiko kollaborieren kann.
Wird die Übereinkunft abgesegnet, würde das einen Keil in die Oppositionsfront »Bewegung zur
Restaurierung der Demokratie« treiben, der traditionelle politische Parteien angehören. Den anderen
Flügel der Opposition bildet die religiöse Allianz Muttahida-Majlis-e-Amal. Die in Pakistan agierende
PPP sieht – offensichtlich im Gegensatz zur exilierten Benazir Bhutto – das Risiko einer Spaltung.
Ihre Aktivisten stellen den »Deal« als reine Propagandaübung des Regimes dar. »Wendehälse und
auf dem Schoß Musharrafs sitzende Opportunisten« würden dieses Gerücht von einer Vereinbarung
verbreiten, weil sie befürchten müssten, beim nächsten Votum von den Schalthebeln der Macht
verdrängt zu werden. Deshalb hätten sie dieses »lächerliche Projekt« erfunden, das von der PPP
und der Nation abgelehnt werde. Wie Frau Bhutto ihre Gefolgschaft zu Hause hinter sich bringen
will, wenn es zur Einigung mit Musharraf kommt, bleibt ihr Geheimnis.
Eisenbahnminister Sheikh Rashid glaubt jedenfalls, dass der »Deal« in Sack und Tüten ist und in
drei Phasen verwirklicht wird. Phase eins wäre General Musharrafs Wiederwahl ins Präsidentenamt,
obwohl noch zu klären bleibt, wie sich das mit seiner Funktion als Militärchef vereinbaren lässt. Frau
Bhutto soll erklärt haben, mit einem Präsidenten in Uniform könne sie nicht zusammenarbeiten.
Phase zwei wäre der Abschluss der Gerichtsprozesse und Phase drei Bhuttos Rückkehr in die
Heimat. Offenbar gab es hinter den Kulissen in den vergangenen Wochen also tatsächlich
Verhandlungen zwischen beiden Seiten. Was wirklich vereinbart wurde, sagt Minister Rashid, wird
aber erst im Verlauf der nächsten beiden Monate sichtbar werden.
* Aus: Neues Deutschland, 19. April 2007
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