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Geschosse der CIA

Zehn Tote bei erneuter Drohnenattacke in Pakistan. US-Präsident Obama steigert Häufigkeit der Angriffe sprunghaft

Von Knut Mellenthin *

Beim Angriff einer US-amerikanischen Drohne wurden am Dienstag (11. Aug.) in Nordwestpakistan mindestens zehn Menschen getötet. Die mit mehreren Raketen bestückten unbemannten Flugkörper werden aus einer Zentrale des Geheimdienstes CIA in den USA oder in Afghanistan gesteuert. Seit August vorigen Jahres hat Washington den Einsatz dieser Waffen gegen pakistanisches Gebiet sprunghaft erhöht. Präsident Barack Obama steigerte die Häufigkeit der Angriffe ebenso, wie er das Spektrum der zulässigen Ziele ausweitete. Die Attacke von Dienstag soll einem Haus in Südwasiristan gegolten haben, das angeblich von pakistanischen Taliban als Ausbildungszentrum genutzt wurde.

Die Regierung in Islamabad hat die USA immer wieder aufgefordert, die Drohnenangriffe zu unterlassen, weil diese nicht nur die Souveränität des Landes verletzen, sondern zudem in der Bevölkerung extrem unpopulär sind. Da die pakistanische Regierung jedoch militärisch eng mit den USA zusammenarbeitet, nehmen die meisten Pakistanis an, daß in Wirklichkeit ein geheimes Einverständnis besteht.

So zeigen am Wochenende veröffentlichte Ergebnisse einer Umfrage, daß nur neun Prozent der pakistanischen Bevölkerung die Drohnenangriffe billigen. Eine deutliche Mehrheit von 67 Prozent lehnt alle Arten von Militäroperationen der USA gegen pakistanisches Gebiet ab. Die meisten Pakistani glauben offenbar nicht der Behauptung ihrer eigenen Regierung, beim Kampf gegen die islamistischen Rebellen im Nordwesten gehe es um das Überleben des Landes. Nur elf Prozent der Befragten gaben als »größte Bedrohung« für Pakistan die Taliban an, 18 Prozent das Nachbarland Indien und 59 Prozent die USA.

Ins Reich der Legenden gehört nach den Umfrageergebnissen auch die Behauptung, »ganz Pakistan« unterstütze die seit Ende April stattfindende Militäroffensive gegen die Taliban. Tatsächlich sind es 41 Prozent, während 43 Prozent sich für Verhandlungen aussprechen. Zugleich hat der Anteil der Befürworter eines harten Vorgehens gegen die Taliban im Vergleich zu früheren Umfragen deutlich zugenommen. Videoaufnahmen aus den von Islamisten beherrschten Gebieten im Nordwesten, insbesondere die öffentliche Auspeitschung einer jungen Frau wegen »Ehebruchs«, wirkten auf den größten Teil der Bevölkerung schockierend und abstoßend.

Die Untersuchung bestätigt die Unbeliebtheit des von den USA gestützten Präsidenten Asif Ali Zardari. Nur elf Prozent billigen seine Politik, während 42 Prozent meinen, daß er schlechte Arbeit leistet. Lediglich neun Prozent wollen ihn weiter als Staatsoberhaupt sehen. Beliebtester Politiker ist mit 38 Prozent Oppositionsführer Nawaz Scharif, der gegenüber der US-Regierung gelegentlich nationalere Töne anschlägt. Durchgeführt wurde die Umfrage von Gallup Pakistan, das mit dem in den USA ansässigen Gallup-Institut verbunden ist.

Unterdessen kamen am Dienstag (11. Aug.) bei einem Angriff auf Peschawar, die Hauptstadt der nordwestpakistanischen »Stammesgebiete«, zwei Menschen ums Leben. Mindestens zwölf Raketen schlugen scheinbar ungezielt im Stadtgebiet ein. Ebenfalls am Dienstag beschossen Aufständische einen Polizeiposten in der Nähe von Peschawar. Die Polizei behauptet, in dem folgenden Feuergefecht drei Angreifer getötet zu haben.

* Aus: junge Welt, 12. August 2009


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