Sharif mischt die Karten neu
Rückkehr des früheren Premiers verschärft den Machtkampf in Pakistan
Von Hilmar König, Delhi *
Die Rückkehr des ehemaligen pakistanischen Premierministers Nawaz Sharif nach fast acht Jahren
Exil in Saudi-Arabien in seine Heimatstadt Lahore war am Sonntag im Land am Indus die wichtigste
Nachricht.
Vor dem Eintreffen Sharifs, der einst unter Militärdiktator Zia-ul Haq Regierungschef geworden und
vom gegenwärtigen Präsidenten Pervez Musharraf nach dessen Putsch im Oktober 1999 ins Exil
geschickt worden war, nahm die Polizei Hunderte seiner Parteimitglieder fest – angeblich, um die
Wiederholung einer Tragödie zu verhindern, wie sie sich bei der Rückkehr Benazir Bhuttos am
Oktober in Karatschi ereignet hatte. Dort kamen bei einem Selbstmordanschlag über 150 Menschen
ums Leben, die der Expremierministerin zugejubelt hatten.
Nawaz Sharifs erster Versuch am 11. September, aus dem Exil zurückzukehren, war gescheitert. Er
wurde umgehend erneut nach Saudi-Arabien abgeschoben.
Jetzt wird ein »Dreikampf« zwischen Sharifs Pakistanischer Muslimliga (N), Benazir Bhuttos
Pakistanischer Volkspartei (PPP) und Musharrafs Pakistanischer Muslimliga (Quaid) bei den für den
8. Januar angekündigten Parlamentswahlen möglich. General Musharraf war vorigen Dienstag nach
Saudi-Arabien geflogen und hatte bei König Abdullah vergeblich interveniert, Sharifs Rückkehr noch
zu verzögern. Der Monarch, der in seinem Ölimperium nicht gerade als Musterdemokrat herrscht,
soll – offensichtlich auf Druck des Westens – darauf bestanden haben, allen politischen Parteien in
Pakistan gleiche Wahlchancen zu gewähren. Beide Oppositionsparteien hatten zunächst damit
gedroht, angesichts des am 3. November von Musharraf verhängten Ausnahmezustands nicht an
den Wahlen teilzunehmen. Wird das kaschierte Kriegsrecht vor dem Urnengang nicht aufgehoben,
könnte es allerdings immer noch einen Boykott geben.
Sharifs Rückkehr drängte andere dramatische Ereignisse der letzten 48 Stunden in den Hintergrund.
Am Sonnabend kamen bei zwei Selbstmordanschlägen 35 Personen, fast alle Angestellte des
Geheimdienstes ISI, ums Leben. Die Attentate unweit des Armeehauptquartiers bewiesen, dass
auch der Ausnahmezustand fanatische Attentäter nicht stoppen kann. Zugleich dauerten die Kämpfe
in der nördlichen Swat-Region an, wo ein mit den Taliban sympathisierender Mullah Rebellen
kommandiert. Im Verlaufe des Novembers gab es dort 300 Tote. In der Nacht von Freitag zu
Sonnabend brachen im nordwestlichen Paranichar-Distrikt erneut Kämpfe zwischen Schiiten und
Sunniten aus, denen 50 Menschen zum Opfer fielen. In der Woche zuvor gab es dort bereits über
100 Tote.
Ebenfalls am Sonnabend bestätigte die Wahlkommission offiziell den Sieg Musharrafs bei der
Präsidentenwahl vom 6. Oktober, nachdem das Höchste Gericht alle Petitionen gegen den General
verworfen hatte. Gleich in den ersten Stunden des Ausnahmezustands waren der Chefrichter und
andere Mitglieder des Gerichtshofes unter Hausarrest gestellt und durch ergebene Juristen ersetzt
worden. Dass diese den Wahlsieg bestätigten, war keine Überraschung.
* Aus: Neues Deutschland, 26.11.2007
Pakistan: Musharraf vor der Vereidigung
Pakistans Militärmachthaber Pervez Musharraf will nach Angaben des Generalstaatsanwalts am Donnerstag (29. Nov.) als Präsident in Zivil vereidigt werden. Wie Anwalt Malik Muhammad Qayyum der Nachrichtenagentur AFP am Montag (26. Nov.) in Islamabad versicherte, will Musharraf noch vor seiner Vereidigung sein Amt als Generalstabschef der Streitkräfte niederlegen.
Agenturmeldungen, 26.11.2007
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