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Argentinien erkennt Palästina an

Regierung in Buenos Aires folgt mit Entscheidung dem Nachbarstaat Brasilien

Von Andreas Knobloch, Cancún *

Nach Brasilien hat am Wochenende auch Argentinien den Staat Palästina in den Grenzen von 1967 anerkannt. Zudem erklärte mit Uruguay ein weiteres Mitgliedsland des südamerikanischen Integrationsbündnisses Mercosur, im kommenden Jahr dem Schritt seiner beiden Nachbarn folgen zu wollen.

Die Entscheidung, Palästina als »freien und unabhängigen Staat« anzuerkennen sei mit den Mercosur-Partnern Brasilien und Uruguay abgestimmt worden, erklärte Argentiniens Außenminister Héctor Timerman am Montag (6. Dez.) in Buenos Aires. Man sei gemeinsam zu dem Entschluß gelangt, daß der Moment für diesen Schritt gekommen sei.

Nach dem Sechs-Tage-Krieg zwischen Israel und den arabischen Staaten Ägypten, Jordanien und Syrien 1967 waren Ost-Jerusalem, das Westjordanland und der Gazastreifen von Israel besetzt worden, die Gebiete die nun von Argentinien und Brasilien als Staat Palästina anerkannt wurden.

Die Palästinenser zeigten sich erfreut. »Ich möchte meinem Freund, Präsident Lula, dafür danken, daß er Wort gehalten hat und seine Solidarität in die Tat umsetzt, und damit eine gewaltfreie Antwort auf den israelischen Unilateralismus gibt«, hieß es in Erklärung des palästinensischen Chefunterhändlers und agierenden Premier der Autonomiebehörde, Nabil Shaath. Ähnlich dankbar äußerte sich der palästinensische Botschafter in Buenos Aires, Walid Muaqqat. »Argentinien trägt dazu bei, den Weg zu einer endgültigen, friedlichen Lösung« des Konflikts zwischen Palästinensern und Israelis zu lösen«, hieß es in einer Erklärung.

Israel hingegen nannte die argentinische Entscheidung »bedauerlich« und »enttäuschend«. Sie helfe keineswegs, Bewegung in die Situation zwischen Israel und den Palästinensern zu bringen, sagte der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Yigal Palmor. In ähnlicher Weise war in Israel bereits die Anerkennung durch Brasilien kommentiert worden. In einer Erklärung argumentierte die israelische Regierung, daß »die Anerkennung des Staates Palästina eine Verletzung des 1995 unterzeichneten Interimsabkommens zwischen Is­rael und der Autonomiebehörde darstellt«. In diesem sei dargelegt, »daß der Status des Westjordanlandes und des Gazastreifens durch Verhandlungen festgelegt werden soll.«

Auch aus den USA hatte es vor allem Kritik gegeben. Der demokratische Abgeordnete Eliot Engel beschrieb die Haltung Brasiliens als »extrem unklug« und bezeichnete sie als »die einer Außenpolitik, die sich unter Lula immer weiter isoliert hat.«

Die argentinische Regierung verteidigte die Entscheidung als Teil der traditionellen Haltung in dem Konflikt, die immer sowohl das Recht des palästinensischen Volkes auf einen unabhängigen Staat als auch Israels Existenzrecht betont habe.

Auch die brasilianische Unterstützung ist keineswegs neu. Bereits auf der UN-Generalversammlung 1988 hatte Brasilien für die Schaffung eines palästinensischen Staates in den Grenzen von vor 1967 gestimmt.

Im Februar 2006 forderte Präsident Lula in einer Erklärung Israel auf, sich aus den besetzten Gebieten zurückzuziehen. Die Anerkennung entspricht der traditionellen Haltung Brasiliens nach der Israel das Recht hat auf Sicherheit und Existenz innerhalb international anerkannter Grenzen von 1967.

Mehr als einhundert Länder haben den palästinensischen Staat bereits anerkannt. Neben den arabischen Staaten gehören auch viele afrikanische, asiatische und osteuropäische Länder dazu; die meisten nach der Unabhängigkeitserklärung der Palästinenser im November 1988 in Algier.

* Aus: junge Welt, 8. Dezember 2010


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