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Ganz Gaza jubelt

Von Karin Leukefeld *

Israels Seeblockade des palästinensischen Gazastreifens ist durchbrochen, erstmals seit mehr als 40 Jahren. Müde und abgespannt, aber glücklich erreichten 44 Friedensaktivisten aus 17 Staaten am Samstag mit ihren Schiffen »Free Gaza« und »Liberty« den Hafen von Gaza. Die beiden umgebauten Fischerboote waren am Freitag aus dem Hafen von Larnaka (Zypern) gestartet und liefen unter griechischer Flagge. Es waren die ersten Schiffe seit Jahrzehnten, die Gaza anliefen. Entsprechend enthusiastisch war die Begrüßung durch Tausende Palästinenser.

Mehrere Dutzend mit palästinensischen Fahnen geschmückte Boote wollten den internationalen Blockadebrechern entgegenfahren, sie wurden von der israelischen Marine aber mit Schüssen zur Umkehr gezwungen. Israel hat eine seeseitige Blockade über die 1,5 Millionen Menschen im Gazastreifen verhängt und kontrolliert die palästinensischen Gewässer. Mit einem Meer wehender Palästina-Flaggen standen die Menschen dicht gedrängt auf dem schmalen Kai im Hafen von Gaza, manche waren auf einen Schuppen geklettert und begrüßten die Friedensaktivisten, als sie schließlich am Nachmittag einliefen. Junge Männer sprangen ins trübe Wasser und schwammen ihnen entgegen. Auf einem der Boote stand in großen Buchstaben »Schluß mit der Besatzung«.

Sie sei mit ihren Kinder zum Hafen gekommen, um die Aktivisten willkommen zu heißen, erklärte die 42jährige Jamila Hassan aus Gaza dem libanesischen Fernsehsender Al Manar. Riad Al-Faraj vom Internationalen Komitee gegen die Belagerung in Gaza, äußerte sich stolz und überglücklich: »Dieses ist ein großer Sieg gegen die Blockade und wir hoffen, daß ein weitere Boote folgen werden.« Die regierende Hamas hatte 500 Polizisten aufgeboten, um die Friedensaktivisten zu schützen.

36 Stunden hatte die Überfahrt gedauert, die am Freitag morgen im zyprischen Hafen Larnaka begonnen hatte. Die Friedensaktivisten hatten 200 Hörgeräte für Kinder, Musikinstrumente und als symbolische Geste 5000 weiße Luftballons an Bord. Die israelische Regierung drohte zunächst, man werde die Boote nicht passieren lassen. Später sagte Aviv Schiron vom israelischen Außenministerium, man habe beschlossen, sich auf See nicht provozieren zu lassen. Man wisse, wer die Passagiere seien und was sie geladen hätten: »Darum haben wir kein Problem damit, sie durchzulassen.« Das sei aber kein Präzedenzfall, warnte Schiron.

Teilweise schwerer Seegang mit hohen Wellen hatte den Passagieren zu schaffen gemacht. Zudem waren die mitgeführten Satellitentelefone elektronisch gestört worden, wie die Free-Gaza-Sprecherin Angela Godfrey-Goldstein erklärte. Zwei Passagiere seien nach ihrer Ankunft in Gaza zu einer Kontrolluntersuchung ins Al-Shifa-Krankenhaus gebracht worden. Tom Nelson, ein 64 Jahre alter Rechtsanwalt aus Oregon (USA) sagte, er hoffe, daß die Fahrt den Westen dazu bringt, endlich nach Gaza zu blicken und die schwierigen Lebensbedingungen der Menschen wahrzunehmen, die durch die israelische Belagerung verursacht seien. Zu den Teilnehmern gehörten auch die Schwägerin des früheren britischen Premierministers Anthony Blair, Lauren Booth, und die deutsche Friedensaktivistin Edith Lutz.

Hamas-Repräsentant Abubakr Nofal würdigte die Überfahrt als »starke Botschaft an die arabischen Völker und ihre Führer«. Diese müßten ihren Druck auf die USA und Israel erhöhen, um der Blockade des Gazastreifens endlich ein Ende zu machen. Hamas-Chef Ismail Hanija und Präsident Mahmud Abbas gratulierten den Aktivsten von »Free Gaza« zu ihrer mutigen Aktion.

* Aus: junge Welt, 25. August 2008


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