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Rückkehrrecht der Flüchtlinge ist verbrieft

Palästinenser erinnerten an die UN-Resolution von 1948 / Schafi: Wir sind damals nicht freiwillig geflohen

Von Martin Lejeune *

Der 11. Dezember ist für Palästinenser ein Tag des Protestes: Auf der ganzen Welt demonstrieren sie für die Umsetzung ihres Rechts auf Rückkehr in ihre Heimat. Doch eine Umsetzung der Resolution 194 der Generalversammlung der Vereinten Nationen von 1948 ist für die Flüchtlinge nicht in Sicht.

Weltweit gibt es elf Millionen Palästinenser. Vier Millionen von ihnen leben in den besetzten Gebieten, zwei Millionen in Israel. Im Ausland leben noch einmal fünf Millionen palästinensische Flüchtlinge, zu großen Teilen in Flüchtlingslagern. Dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina- Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) obliegt die Versorgung der Flüchtlinge in den Lagern mit Lebensmitteln. Die UNO-Generalversammlung verlängert seit 63 Jahren Jahr für Jahr die Vollmacht dafür an die UNRWA.

Seit 63 Jahren warten die Flüchtlinge in den Lagern auf die Umsetzung der Resolution 194, die 1948 kurz vor dem Ende des Palästinakrieges verabschiedet wurde und bis heute unverändert gilt. »Israel verstößt seit 1948 jeden Tag gegen die Resolution 194, in dem es die Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimatorte verhindert «, sagt im Gespräch mit »nd« Amjad Odeh von der palästinensischen Menschenrechtsorganisation BADIL in Ramallah im Westjordanland. »Nach 63 Jahren sind heute 70 Prozent der elf Millionen Palästinenser Flüchtlinge, und täglich werden es mehr. Leider ist das israelische System sehr effektiv «, so Odeh. »Israel zielt mit seiner repressiven und rassistischen Politik der Unterdrückung auf die Vertreibung aller Palästinenser. Wir glauben weiterhin jeden Tag an die Rückkehr jedes Flüchtlings. Wenn man den Glauben daran verlieren würde, dann gibt man das Rückkehrrrecht auf«, so Odeh.

»Das Rückkehrrecht gilt auch für alle Nachfahren der Flüchtlinge, auch für jene, die im Ausland geboren sind«, sagt am Telefon Salah Abdel Schafi, der Generaldelegierte Palästinas in Deutschland. Für ihn müsse die Lösung des Flüchtlingsproblems auf der Resolution 194 »basieren«, allerdings gebe es für ihn einen »Verhandlungsraum, wie man diese Resolution umsetzt.« Die Dauer der Nichtumsetzung der Resolution ändere jedoch nichts an dem Grundrecht auf Rückkehr. Schafi betont: »Die Rückkehr beschränkt sich nicht auf die Rückkehr in einen palästinensischen Staat, sondern auf das Land, aus dem die Flüchtlinge geflohen sind.«

Dies ist auch die Ansicht der arabischen Staaten. Im arabischen Friedensplan von 2002, der noch immer gilt, gibt es einen Paragrafen, der die Resolution 194 bekräftigt. »Daher sind alle arabischen Staaten dagegen, dass man die Flüchtlinge einbürgert, weil sie das Recht auf Rückkehr haben«, so Schafi.

Er räumt ein, dass besonders in Libanon und Syrien Flüchtlinge darunter leiden, dass sie aufgrund ihres Status eine Reihe von Berufen nicht ausüben und kein Eigentum an Grund und Boden haben dürfen. »In jüngster Vergangenheit zeigt sich aber eine Entspannung dieses Problems«, beobachtet Shafi. Deshalb fordert er: »Es muss zeitgleich über die Verhandlung der Umsetzung der Resolution auch über Kompensation entschieden werden. Alle Flüchtlinge, auch diejenigen, die zurückkehren, müssen für den Verlust ihres Bodens und Eigentums und für das Leid, das sie erfahren haben, entschädigt werden.«

Schafi stellt klar: »Die Palästinenser sind nicht freiwillig geflohen, wie es Israel behauptet. Sie wurden gezwungen zu gehen oder sind aus Angst und Not geflohen. Ihre Dörfer wurden zerstört, um ihnen die Möglichkeit zu entziehen zurückzukehren.«

* Aus: neues deutschland, 12. Dezember 2011


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