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Bollwerk gegen Linkstrend

Panama wird als Brückenkopf gegen progressive Regierungen in Lateinamerika ausgebaut

Von Volker Hermsdorf *

Mit der Unterzeichnung eines bilateralen Freihandelsabkommens hat Panama in der vergangenen Woche in Mexiko-Stadt die Voraussetzung für seinen Beitritt zur neoliberal ausgerichteten Pazifik-Allianz geschaffen. Damit zementiert der rechtsgerichtete Präsident Ricardo Martinelli – kurz vor den Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen am 4. Mai – die Rolle des mittelamerikanischen Landes als Bollwerk gegen den Linkstrend in der Region. In den letzten Jahren hatte seine Regierung bereits die Einrichtung mehrerer US-Basen zugelassen, von denen das strategisch wichtige Gebiet, unter dem Vorwand des Kampfes gegen den Drogenhandel, militärisch kontrolliert wird.

Der Beitritt zur Pazifik-Allianz, der bisher Chile, Peru, Mexiko und Kolumbien angehören, bindet Panama fest in das im Juni 2012 gegründete neoliberale Wirtschaftsbündnis ein, das über Freihandelsabkommen eng mit den USA und der EU verbunden ist. Es gilt als »Gegengewicht« zu den linksgerichteten Staatenbündnissen ALBA, UNASUR und MERCOSUR. Beim Aufbau der Gegenfront mischen deutsche Parteistiftungen kräftig mit. Die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung fördert die Allianz »wegen ihres Bekenntnisses zur Marktwirtschaft« und lobt sie als »Alternative zu Ländern wie Argentinien, Bolivien und Brasilien, die sich gegen Freihandel und Öffnung ihrer Wirtschaften sperren«. Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) der CDU forderte bereits bei Gründung der Allianz die Ausdehnung auf Panama und Costa Rica. »Je mehr Länder dem Bündnis beitreten, desto größer wird dessen Einfluß werden«, hieß es 2012 in einem Länderbericht.

Während Deutschland und die Europäische Union vorerst noch in erster Linie wirtschaftliche Vorteile suchen, bauen die USA Panama seit Jahren auch zum militärischen Brückenkopf gegen die progressiven Regierungen in der Region aus. Mit der Einmischung in die inneren Angelegenheiten Venezuelas und Ausfällen gegen die dortige demokratisch gewählte Regierung hat die Regierung Martinelli ihre Bereitschaft unter Beweis gestellt, die ihr zugedachte Rolle auch zu übernehmen. Als Venezuela deshalb Anfang März die diplomatischen Beziehungen zu Panama abbrach, begründete Präsident Nicolás Maduro dies unter anderem mit konspirativen Aktivitäten der USA und deren Unterstützung durch Panamas Staatsführung, die er als »Lakaienregierung mit einem rechten Präsidenten« bezeichnete, »der seines Volkes nicht würdig ist« (junge Welt berichtete).

Damit spielte er auch auf Martinellis Bereitschaft an, die Souveränität des Landes US-Interessen unterzuordnen. Obwohl die Hoheit über die Kanalzone, die bis dahin offiziell von den USA als deren Außengebiet beansprucht und kontrolliert worden war, am 31. Dezember 1999 an Panama übergeben und in den entsprechenden Verträgen eine Schließung aller US-Basen vereinbart wurde, nimmt der Einfluß des Pentagon seit einigen Jahren wieder rasant zu. Im Oktober 2009, nur zehn Jahre nach Inkrafttreten der Kanalverträge, erlaubte Martinelli der damaligen US-Außenministerin Hillary Clinton, die Eröffnung von Marinestützpunkten im 450 Kilometer östlich von Panama-Stadt gelegenen Bahia Pina und dem 350 westlich gelegenen Punta Coca.

Knapp ein Jahr später, im August 2010, demonstrierten mehr als 2000 US-Soldaten mit dem Großmanöver »Panamax 2010« vor den Küste Panamas und Kolumbiens militärische Stärke. Der Truppenaufmarsch in der Nähe Venezuelas wurde von Beobachtern als außenpolitische Drohgeste, aber auch als Warnung an Gewerkschafter und Oppositionelle im Land wahrgenommen. Martinelli hatte kurz zuvor die Teilnehmer eines gegen seine neoliberale Wirtschaftspolitik gerichteten Generalstreiks als »Terroristen« bezeichnet. In den folgenden beiden Jahren wurde der Ausbau von eigenen und US-Militärstützpunkten fortgesetzt. Der Vorsitzende der ältesten und größten US-Friedensorganisation »Fellowship of Reconciliation« (Internationaler Versöhnungsbund), John Lindsay-Poland, fand heraus, daß das Pentagon seit 1999 mehr als 715 Verträge über militärische Projekte in Panama unterzeichnet hat.

* Aus: junge Welt, Dienstag, 1. April 2014


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