Grünes Licht nun auch für Genmais
Paraguays Regierung beschenkt Monsanto & Co.
Von Benjamin Beutler *
Im Agrarland Paraguay stellen sich
die Regierung und die Kontrollorgane
auf die Seite der Saatgutmultis und
der Großgrundbesitzer.
Mit der Entscheidung, Anbau und
Handel von genverändertem Mais
zuzulassen, hat Paraguays Übergangsregierung
Agromultis aus
den USA und Europa ein neues
Geschenk gemacht. Wie die Tageszeitung
»ABC Color« berichtet,
genehmigte das Landwirtschaftsministerium
vergangene Woche
die gentechnisch veränderten
Maissorten »VT Triple Pro« und
»MON 810« des US-Saargut-Weltmarktführers
Monsanto, »BT 11«
vom Schweizer Agrarriesen Syngenta
und die Sorte »TC 1507« des
Unternehmens Dow AgroSciences
mit Sitz im US-Bundesstaat Michigan.
Die Zulassung dieser Sorten
sei »Fall für Fall« geprüft worden,
zitiert das regierungsnahe Blatt
Santiago Bertoni von der »Nationalen
Kommission für Biosicherheit
« (Combio). Wenige Tage nach
einem umstrittenen Amtsenthebungsverfahren
gegen Ex-Präsident
Fernando Lugo Ende Juni
hatte Nachfolger Fernando Franco
bereits genverändertes Saatgut für
Baumwolle freigegeben.
Im Agrarland Paraguay kontrollieren
2,5 Prozent der Bevölkerung
85 Prozent des Landbesitzes.
2011 wurde Mais auf rund 990 000
Hektar angepflanzt. »Was wir in
Paraguay erleben, ist eine ernste
Krise der Landwirtschaft mit harten
Einschnitten für die Lebensqualität
der Kleinproduzenten«,
beklagt der Bauernverband Conamuri
die wachsende Macht der
Multis. Gensaatgut in den Händen
der Großgrundbesitzer habe die
»Zerstörung der Bauernkultur und
zunehmenden Verlust unserer
Nahrungsmittelsicherheit zur Folge
«, so das Bündnis für alternative
Landwirtschaft. Auch Ex-Gesundheitsministerin
Esperanza Martínez
kritisierte die jüngste Entscheidung
der Franco-Administration.
Zwar sei sie nicht gegen
Forschung und Entwicklung. In
ihrer Amtszeit unter Lugo sei Genmais
aber nicht zugelassen worden,
da die Agrofirmen die von
Combio vorgeschriebenen Schritte
nicht akzeptierten, so Martínez. Zu
bedenken sei, dass Mais aus dem
Labor »Gift in den Samen einführen
wird«, führte die ebenfalls geschasste
Politikerin ihre Bedenken
näher aus.
Doch in Asunción haben jetzt
die Gensaatgut-Befürworter das
Sagen. Was die Spekulationen über
eine Einflussnahme der Agro-Riesen
beim Machtwechsel weiter
anheizt. Zu Lugo-Zeiten drängte
der Monsanto-Konzern, der in Paraguay
allein 2011 rund 30 Millionen
US-Dollar steuerfreien Gewinn
einstreichen konnte, auf die rasche
Verabschiedung eines Gesetzes
über Biosicherheit. Das damals
nicht willfährige Kontrollorgan
Combio sollte durch ein neues Direktorium
im Landwirtschaftsministerium
ersetzt werden. Präsident
Lugo, Gesundheitsministerin
Martínez, Umweltminister Oscar
Rivas und der Chef der Saatgutbehörde
Senave, Miguel Lovera,
drückten jedoch auf die Bremse.
Der Showdown im Juni könnte als
»Operation Monsanto« in die Geschichtsbücher
eingehen. Unterstützt
vom medialen Dauerfeuer
aus der ABC-Redaktion trommelte
der mächtige Agroverband
»Bündnis der Produzenten« (UPG)
zum Sturm auf die Hauptstadt mit
Traktoren und Angestellten. Gefordert
wurde die Freigabe allen
genveränderten Saatgutes.
Dann geschah das Massaker
von Curuguaty, bei dem 17 Menschen,
vor allem landlose Bauern,
starben. Das Blutvergießen bei der
Erstürmung einer Großgrundbesitzer-
Finca nahe der brasilianischen
Grenze durch Militärs
hängte man dem Monsanto-Gegner
Lugo an. Am 22. Juni, drei Tage
vor der geplanten Machtdemonstration
der Agrolobby, enthob
das Parlament Lugo seines
Präsidentenamtes. Heute haben
Monsanto & Co. in Paraguay freie
Bahn.
* Aus: neues deutschland, Dienstag, 30. Oktober 2012
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