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Kampf gegen Armut und Korruption

Paraguay Präsident Lugo vor immensen Schwierigkeiten politischer und privater Natur

Von Andreas Knobloch, São Paulo *

Genau ein Jahr nach seinem Wahlsieg am 20. April 2008 und inmitten des Wirbels um einen möglichen neuerlichen Vaterschaftsfall verkündete Paraguays Präsident Fernando Lugo Anfang der Woche die Neubesetzung von vier Ministerposten als Teil der Neustrukturierung seines Kabinetts.

Die Wechsel erfolgen zu einem Zeitpunkt, an dem Lugos Regierung sich vermehrt politischen Konflikten innerhalb der Koalition gegenüber-sieht und das Land infolge der weltweiten Wirtschaftskrise vor großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten steht. Zudem hat die diesjährige Dürre große Schäden in der Landwirtschaft angerichtet. Die Bauernverbände fordern Ausgleichszahlungen und eine Agrarreform, die den Namen auch verdient.

Vielen Paraguayern gehen die Veränderungen nicht schnell oder nicht weit genug. Doch die Probleme sind immens. Nach mehr als sechs Jahrzehnten Herrschaft der Partido Colorado, deren bekanntester Vertreter der 1989 gestürzte General Alfredo Stroessner war, hat sich die Korruption in allen Bereichen der Administration bis hinein in höchste Stellen etabliert. Lugo und seine Getreuen stehen vor der Mammutaufgabe, einen Staat umzukrempeln, der komplett nach dieser Korruptionskultur strukturiert ist; und das ohne parlamentarische Mehrheit und ohne die Macht, den ebenfalls korrupten Justizapparat verändern zu können.

Dabei hat die Regierung in einem Jahr schon vieles auf den Weg gebracht: Zum ersten Mal in ihrer Geschichte haben alle Paraguayer das Recht auf kostenlose Gesundheitsversorgung; zum ersten Mal wird auch die indigene Bevölkerung des Landes angehört und als politischer Akteur ernst genommen; die Wasserversorgung in den ländlichen Gebieten wurde verbessert. Doch entscheidend für die Zukunft wird sein, ob es der Regierung gelingt, die Armut und die Unsicherheit im Land zu bekämpfen.

Im Moment aber überdecken andere Schlagzeilen die politischen und wirtschaftlichen Probleme Paraguays. So sorgt ein weiterer möglicher Vaterschaftsfall des Präsidenten für Aufregung. Bereits in der vergangenen Woche erkannte Lugo unter dem Druck einer möglichen Klage die Vaterschaft eines zweijährigen Sohnes an, der gezeugt wurde, als Lugo noch die Bischofswürde der katholischen Kirche bekleidete. Der Fall hatte die Popularität des Präsidenten stark beschädigt.

* Aus: junge Welt, 25. April 2009


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