Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Wasser versus Gold

Protest gegen das Minenprojekt Conga: Umweltschützer und Bauern im nordperuanischen Cajamarca marschieren 800 Kilometer nach Lima

Von Anne Grit Bernhardt, Cajamarca *

Auf den Straßen von Cajamarca im Norden Perus werden Lose verkauft. 2 Soles das Stück, rund 0,60 Euro. Selbst der Präsident der örtlichen Front zur Verteidigung der Umwelt, Wilfredo Saavedra, verkauft mit. Gesammelt wird, um die Marschkosten decken zu können: Verpflegung und Busse. Die rund 800 Kilometer bis zur peruanischen Hauptstadt sollen teilweise zu Fuß und teilweise per Bus zurückgelegt werden. Zehn Tage soll der »Marsch für das Wasser« von Cajamarca nach Lima dauern. Am heutigen Mittwoch geht es los. Zeitgleich sollen Märsche und andere Aktionen für den Schutz des Wassers im ganzen Land stattfinden. Protestiert wird gegen das gigantische Gold- und Kuperminenprojekt Conga, das die Wasserreserven der Region gefährdet und zu erheblichen Umweltverschmutzungen führen würde. Mehrere Bergseen und Feuchtgebiete sollen zerstört, Grundwasserreserven abgepumpt werden. Das Projekt wird vom Minenbetreiber Yanacocha geplant, der zu gut 51 Prozent der US-amerikanischen Firma Newmont Mining Coorporation gehört, zu 44 Prozent der peruanischen Firma Buena­ventura und zu fünf Prozent der Weltbank.

Es wehrt sich nicht mehr nur die örtliche Bevölkerung, sondern es formiert sich nationaler Widerstand. Vom 1. bis 10. Februar wird das ganze Land mobilisiert. Begonnen werden soll mit mehreren Zeremonien an den verschiedenen Bergseen in den cajamarquinischen Distrikten Celendín und Hualgayoc. Zur selben Zeit plant die Bevölkerung von Huancayo, im Zentrum des Landes gelegen, einen Marsch zum Gletscher Huaytapallana, der die Stadt mit Trinkwasser versorgt. Auch in Trujillo, Arequipa, Chimbote, Huarmey, Parivilca, Huacho und anderen peruanischen Städten werden »Wasserfeste«, Foren, Demonstrationen und Mahnwachen organisiert. Den Abschluß bildet eine zentrale Manifestation in der Hauptstadt Lima am Dienstag kommender Woche.

Perus Präsident Ollanta Humala bekräftigte in einer Rede am vergangenem Samstag, nicht auf die Forderungen der Demonstranten eingehen zu wollen. »Es wird behauptet, man müsse wählen zwischen dem Gold und dem Wasser. Aber man kann beides haben. Ich denke, beides ist ein Geschenk Gottes. In Cajamarca ist der Bergbau gut entwickelt, dennoch ist es eine der ärmsten Regionen Perus. Daher sind die Zweifel, die die Gemeinden dort haben, legitim, und der Staat sollte diese Probleme lösen, aber der Staat muß auch den Rechtsstaat verteidigen, das hat Priorität«, erklärte der Staatschef und fügte hinzu: »Die Bergbauprojekte müssen zusammen mit Landwirtschaftsprojekten realisiert werden. Bergbau und Landwirtschaft können zusammen funktionieren.«

Die Bauern der Region lachen über diese Aussage. »Letztes Jahr hat mir Yanacocha eine Kuh geschenkt und ein Schwein. Doch das bißchen Wasser, was sie uns gelassen haben, ist schmutzig, und inzwischen ist die Kuh schon gestorben. Landwirtschaft ist hier nicht mehr rentabel, das Land ist vergiftet, und es gibt nur noch wenig Wasser«, berichtet ein Bauer aus Porcón, der nur wenige Kilometer von den Tagebauen Yanacochas entfernt lebt. Auch die Bevölkerung von Agua Blanca, einem Dorf im Distrikt Sorochuco, in unmittelbarer Nähe zum Bergbauprojekt Conga, klagt über die Konsequenzen der Bohrungen dort: Das Wasser ihres Flusses sei vergiftet worden, die Forellenzucht des Dorfes – seine wichtigste Einnahmequelle – zugrunde gegangen, eine Kuh starb, nachdem sie das vergiftete Wasser trank.

»Bergbau und Landwirtschaft können nicht zusammen funktionieren«, bestätigt Herr Atalaya aus Agua Blanca. Doch Präsident Humala sieht das anders. Dieser bekräftigte, Straßensperren und ähnliche Protestaktionen mit harter Hand unterbinden zu wollen. Mit dieser Haltung hat sich der Staatschef den Zorn des Bevölkerung von Cajamarca zugezogen. Noch ist offen, wer sich durchsetzt.

* Aus: junge Welt, 01.02.2012


Ein Minister für Yanacocha

Gute Kontakte: Perus Ressortchef für Umwelt werden enge Verbindungen zum Minenbetreiber vorgeworfen. Untersuchungskommission verlangt Aufklärung

Von Anne Grit Bernhardt **


Perus Umweltminister Manuel Pulgar-Vidal steht in der Kritik. Mittlerweile sind bei den zuständigen Behörden mehrere Anzeigen wegen seiner Verbindungen zum Unternehmen Yanacocha eingegangen. Pulgar-Vidal habe Machbarkeitsstudien von Minenprojekten dieser Firma durchgeführt, erklärte der Kongreßabgeordnete Mesías Guevara. Aus diesem Grund habe die Kommission der Andinen Völker des peruanischen Kongresses beschlossen, Manuel Pulgar-Vidal, Nachfolger des im Dezember zurückgetretenen Umweltministers Ricardo Giesecke, vor eine Untersuchungskommission zu laden, in der er zu den zahlreichen Anschuldigungen Stellung nehmen soll. »Unsere Sorge ist, daß der Minister nicht objektiv handeln wird, sondern die Interessen von Yanacocha vertreten würde. Wir haben bereits einen Fragenkatalog vorbereitet, damit uns Pulgar-Vidal seinen Standpunkt erklärt. Auch zum Thema des Gutachtens über das Minenprojekt Conga, das er genehmigt hat«, erklärt Mesías Guevara.

»Minister Pulgar-Vidal muß uns die Einzelheiten seiner Verhandlungen mit Yanacocha offenlegen«, meint auch der Präsident der Kommission der Andinen Völker, Antonio Medina. Denn bevor Manuel Pulgar-Vidal Umweltminister wurde, verhandelte er mit dem Minenbetreiber Yanacocha über einen gut bezahlten Job. »In den Monaten vor Juli 2011 suchte Yanacocha, die bereits beschlossen hatte, in das Gold- und Kupferminenprojekt Conga in Cajamarca zu investieren, eine Person, die die Beziehungen zu den regionalen und lokalen Autoritäten verbessern könnte. Auch, um den sozialen Konflikt zu vermeiden, der sich bereits abzeichnete«, heißt es in einer Stellungnahme des investigativen Internetportals »IDL Reporteros«.

»Wie hoch war das Angebot, das Ihnen von Yanacocha gemacht wurde, damit Sie für sie arbeiten?«, fragte »IDL Reporteros« den Umweltminister, worauf dieser antwortete, daß ihm als Basisgehalt 30000 Soles (rund 8800 Euro) monatlich angeboten wurden. Pulgar-Vidal behauptet jedoch, das Jobangebot abgelehnt zu haben und nicht für Yanacocha arbeiten zu wollen. Doch die Zweifel sind gesät. Es wäre nicht das erste Mal, daß peruanische Minister von der Firma gekauft werden und passende Umweltverträglichkeitsstudien genehmigen. Nun wird die Untersuchungskommission klären müssen, ob Pulgar-Vidal unparteiisch ist oder nicht. Und die Konsequenzen daraus ziehen.

** Aus: junge Welt, 1. Februar 2012

Hintergrund: Bauerngemeinden und Bergbau

Von Anne Grit Bernhardt ***

Es gibt auch Bergbauprojekte, die in Einklang mit den Bauerngemeinden vor Ort funktionieren, erklärte der peruanische Präsident Ollanta Humala am Freitag gegenüber der Tageszeitung La Republica. Als Beispiel nannte er Las Bambas. Wie gut verstehen sich die Bauern dort wirklich mit dem Minenbetreiber Xstrata? In den nächsten zwei Dekaden will die Schweizer Firma Kupfer und andere Metalle im südperuanischen Departement Apurímac abbauen. Die Metalle sollen über ein 206 Kilometer langes Rohrsystem in das benachbarte Departement Cuzco transportiert werden. Das ist der für das Unternehmen billigste Weg, aber er gefährdet 25 traditionelle Bauerngemeinden, die im Gebiet leben.

Ab 2014 sollen in der Region Cotabambas (Apurímac) aus drei großen Tagebauen Kupfer und andere Metalle abgebaut werden. Die Metalle – kleingeschlagen, gemahlen und anschließend mit Flüssigkeit gemischt – sollen über ein Rohrsystem bis zur Region Espinar (Cuzco) geleitet werden. Dort sollen die Metalle wieder voneinander getrennt werden. Per Zug und LKW sollen sie schließlich zur Küste gebracht und von dort ins Ausland exportiert werden.

Die Umweltverträglichkeitsstudie des Projektes wurde im März 2011 genehmigt. Sie enthält auch Angaben über die betroffenen Bauerngemeinden. Die Gemeinde Fuerabamba, die genau über den Metallreserven liegt, soll umgesiedelt werden. Rund 300 Familien sind davon betroffen. Mit weiteren 19 Gemeinden soll wegen des Pipelinebaus verhandelt werden. Weitere drei Gemeinden liegen im Gebiet der Wasserreservoirs, die Xstrata für die Metallgewinnung bauen lassen will, weitere zwei liegen dem Bau der Zufahrtsstraßen im Weg. Vom Ausgang der Verhandlungen mit diesen Bauerngemeinden hängt auch die zukünftige Beziehung zwischen Xstata und der örtlichen Bevölkerung ab. Diese hat bereits jetzt Zweifel am Projekt. Vor allem die 206 Kilometer lange Rohrleitung zum Transport der Metalle wird kritisch gesehen. 25 Liter Wasser-Metall-Gemisch sollen pro Sekunde durch die Rohre gepumpt werden. Das sind bis zu 5144 Tonnen Metall täglich. Die Rohre führen durch unwegsames und erdbebengefährdetes Gelände. Die Angst der Bevölkerung, die Rohre könnten brechen und ihr Inhalt die Wasserquellen gefährden, ist berechtigt.

»Die Rohrleitung wird 48 lokale Wassereinzugsgebiete überqueren«, sagt Chemie­ingenieurin Mariluz Chávez und fügt hinzu: »Bei hohem Druck kann der Stahl reißen, und das kann zu Lecks führen.« Beispiele aus zahlreichen Ländern zeigen, daß das eine reale Gefahr ist.

*** Aus: junge Welt, 01.02.2012




Zurück zur Peru-Seite

Zur Umwelt-Seite

Zurück zur Homepage