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Proteste ausgeweitet

Peru: Trotz massiver Repression neue Kundgebungen gegen Minenprojekt in Cajamarca

Von Anne Grit Bernhardt und Jorge R. Abanto Rodríguez, Cajamarca *

Die Auseinandersetzungen zwischen Militärpolizei und Demonstranten in Cajamarca gehen weiter. Die Provinzhauptstadt ist eingehüllt in den Rauch des Tränengases, das die Polizei ohne Vorwarnung auf Zivilisten schießt. Schon vor der Erklärung des Ausnahmezustandes durch die peruanische Regierung am Dienstag Abend (Ortszeit), führte die Nachricht von den Toten in der nahegelegenen Stadt Celendín zu schweren Auseinandersetzungen zwischen wütenden Demonstranten und der Polizei, die bis zum Nachmittag des folgenden Tages andauerten. Zahlreiche Menschen beteiligten sich an Straßenblockaden und spontanen Demonstrationen, etliche Fahrzeuge des Unternehmens Minera Yanacocha, das für das Gold- und Kupferprojekt »Minas Conga« verantwortlich ist, wurden angezündet.

Am Mittwoch mittag (Ortszeit) löste die Polizei die Blockaden gewaltsam auf und übernahm den Hauptplatz der Stadt, indem sie auf alle anwesenden Personen einprügelte und Schußwaffen einsetzte. Dabei wurden auch Journalisten angegriffen und verwundet. Selbst Kinder, die sich nur zufällig auf der Straße befanden, wurden durch Gummigeschoße und Tränengas verletzt. Staatsanwalt Jonhy Díaz kritisierte die von der Polizei ausgeübte Gewalt: »Auch wenn wir uns im Ausnahmezustand befinden, so hat die Polizei kein Recht, uns so zu behandeln. Bereits festgenommene Personen werden mißhandelt«, so Díaz.

Wilfredo Saavedra, Präsident der Umweltverteidigungsfront von Cajamarca, verurteilte ebenfalls die staatliche Gewalt. Er nannte als einen der Auslöser der Proteste in Celendín das Verhalten des Bürgermeisters Mauro Arteaga García, der von der Bevölkerung als Verräter angesehen wird, da er offen für das umstrittene Minenprojekt eintritt.

Auch in anderen Städten der Region kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. In Bambamarca wurden Hunderte Demonstranten von Spe­zialeinheiten der Polizei angegriffen. Mehrere Verletzte werden in der örtlichen Krankenstation behandelt.

In Jaen wurde die staatliche Universität von Studierenden besetzt, die damit ihre Solidarität mit Cajamarca ausdrücken und gegen den Ausnahmezustand protestierten. In zahlreichen weiteren Städten des Landes gab es Kundgebungen.

Der Konflikt ist ein Resultat des bisherigen Verhaltens der Regierung und des transnationalen Unternehmens Minera Yanacocha, die ohne Rücksicht auf die lokale Bevölkerung das Minenprojekt durchziehen wollen. Am vergangenem Samstag war durch Minenarbeiter bekanntgeworden, daß Yanacocha still und heimlich mit den Vorarbeiten an »Minas Conga« begonnen hatte. 150 Arbeiter haben angefangen, das Wasserreservoir Chailhuagón zu konstruieren, welches das erste von fünf werden soll. Luis Campos Aboado, Regionaldirektor für Soziale Verantwortung und Umwelt von Minera Yanacocha, bestätigte den Bau des Reservoirs und fügte hinzu: »Nach und nach werden wir jetzt die Anzahl der Arbeiter und des schweren Geräts erhöhen, um alle weiteren Reservoirs zu bauen«. Das Reservoir Chailhuagón soll den gleichnamigen See ersetzen, der durch das Bergbauvorhaben zerstört wird.

Massive Sicherheitsmaßnahmen begleiten den Bau. Mehrere Kontrollpunkte der Privatpolizei des Unternehmens verhindern den unbefugten Zugang zum Gelände. Die Konstruktion der Wasserreservoirs soll 200 Millionen US-Dollar kosten, anfangs waren nur 150 Millionen US-Dollar eingeplant. Die Preissteigerung sei auf den verspäteten Beginn der Bauarbeiten zurückzuführen, so Carlos Santa Cruz, Vizepräsident von Newmont, dem Miteigentümer von Minera Yanacocha. Der Regionalpräsident von Cajamarca, Gregorio Santos, erklärte, der Bau des Reservoirs sei eine Provokation für das Volk. Er forderte das Unternehmen auf, die Baumaßnahmen sofort stillzulegen.

* Aus: junge Welt, Freitag, 6. Juli 2012


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