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"El Chino": Alberto Fujimori

Perus Expräsident wurde zu 25 Jahren Haft verurteilt

Gerhard Dilger *

So wollte »El Chino« sicher nicht Geschichte schreiben: Perus Expräsident Alberto Fujimori ist der erste gewählte Staatschef Lateinamerikas, der für Menschenrechtsverletzungen hinter Gittern büßen muss. Am Dienstag sprach eine Sonderkammer des Obersten Gerichtshofes in Lima den 70-Jährigen in allen Anklagepunkten schuldig und verurteilte ihn zu 25 Jahren Haft. Nach der dreistündigen Verlesung des Urteils sagte »El Chino« (Der Chinese), wie ihn Anhänger und Gegner nennen, genau vier Worte: »Ich lege Berufung ein.« Darüber wird in den kommenden Monaten entschieden.

Die drei Richter sahen es als erwiesen an, dass Fujimori, der Peru von 1990 bis 2000 regierte, mindestens 25 Morde und zwei Entführungen angeordnet hat: Im November 1991 wurden auf einer Party in Lima 15 Menschen, im Juli 1992 neun Studenten und ein Hochschullehrer von der Todesschwadron »Colina« ermordet.

Ende der 80er Jahre hatte der Sohn japanischer Einwanderer als Universitätsrektor die politische Bühne betreten. 1990 gewann er überraschend die Präsidentenwahl gegen den Schriftsteller Mario Vargas Llosa. Anschließend setzte er genau jenes neoliberale Schockprogramm durch, das sein Kontrahent in schöner Offenheit angekündigt hatte: Inflationskontrolle, Marktöffnung, Privatisierungen und Reduzierung des Staatsapparates.

Tatsächlich imponierte vielen Peruanern Fujimoris harter Kurs. Ebenso, dass Guerillachef Abimael Guzmán vom »Leuchtenden Pfad« im September 1992 festgenommen wurde. Drei Jahre später bestätigten sie Fujimori mit 62 Prozent im Amt. Doch 2000, nach dubioser Wiederwahl, brachen ihm die »Vladivideos« das Genick: Auf ihnen war zu sehen, wie Geheimdienstchef Vladimir Montesinos, sein engster Vertrauter, einen Oppositionsabgeordneten bestach. Von Japan aus erklärte Fujimori per Fax seinen Rücktritt. Fünf Jahre lang schützte ihn die japanische Staatsangehörigkeit vor einem internationalen Haftbefehl. Schließlich wurde ihm sein Ehrgeiz zum Verhängnis: Von Chile aus wollte »El Chino« wieder eine Kandidatur vorbereiten. Doch gleich nach seiner Landung 2005 wurde er verhaftet und zwei Jahre später nach Peru ausgeliefert.

* Aus: Neues Deutschland, 9. April 2009


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