Hubschrauberjagd auf die Kleinschürfer
Perus Regierung fährt schwere Geschütze gegen illegale Goldsucher auf
Von Knut Henkel, Puerto Maldonado *
In Perus Amazonasprovinz Madre de
Dios tobt ein Konflikt zwischen Sicherheitskräften
und Tausenden von
Goldschürfern. Mehrere Tausend
Hektar Wald sind bereits verloren, die
Verseuchung von Wasser und Boden
durch Quecksilber nimmt stark zu.
Dagegen hat die Regierung in Lima
mobil gemacht.
»Das ist unser Aussichtsturm der
Biodiversität. Von da oben haben
Sie einen prächtigen Blick über
den Dschungel, aber derzeit ist der
Zugang leider gesperrt. Ein Demonstrant
ist hier bei den Protesten
gegen das Ende des illegalen
Bergbaus gestorben. Es wird noch
ermittelt«, erklärt Jarón Quispe
Gámez, Taxifahrer in der peruanischen
Urwaldstadt Puerto Maldonado.
Vor ein paar Jahren war
die Stadt nur halb so groß und bestand
in erster Linie aus ein- und
zweistöckigen Holzhäusern.
»Fast alle mehrstöckigen Neubauten
aus Beton gehören irgendwelchen
Goldgräbern, die andere
für sich schuften lassen«, erklärt
Juan Carlos Navarro Veja, Mitarbeiter
der Caritas in Puerto Maldonado,
bei einer Fahrt durch die
kleine Stadt. Auch am Hubschrauberlandeplatz
geht es vorbei.
Von hier aus wird seit Wochen
aus der Luft operiert. Polizei und
Soldaten zerstören das schwere
Gerät mit dem die Goldsucher die
Flussbetten und auch ganze Landstriche
wie in La Pampa oder
Huaypete durchwühlen.
Zerstörung des Regenwaldes
Beide Gegenden sind nun landesweit
bekannt für die Zerstörung
des tropischen Regenwaldes durch
die Goldsucher. Die hohen Weltmarktpreise
haben nicht nur in
Madre de Dios dazu geführt, dass
es eine Art Goldrausch gibt, so
Carlos Sánchez von der Nichtregierungsorganisation
Aider.
Aider arbeitet in der Region
und hat bei La Pampa erste Wiederaufforstungsmaßnahmen
eingeleitet. »Die Leute drängen seit
Jahren in die Region und seit der
Goldpreis die Tausend-Dollar-
Marge überschritten hat, ist ein
regelrechter Boom ausgebrochen
«, so der diplomierte Agronom.
Ein schonender Umgang mit
der Natur ist in den meisten Siedlungen
der Schürfer unbekannt.
Die arbeiten oft im Auftrag von
kleinen Unternehmen, die die Geräte
stellen, mit dem der Boden
abgesaugt, durchgespült und
durchgesiebt wird.
Dragas heißen die Schwimmbagger,
die Sand und Erdreich ansaugen
und es über vibrierende
Flächen leiten, an denen das Gold
hängen bleibt. Bis vor wenigen
Wochen wurde in den Camps nahezu
rund um die Uhr geschuftet,
nun geht es deutlich ruhiger zu.
Verantwortlich dafür ist der Polizeihubschrauber
in Puerto Maldonado,
der fast jeden Tag startet,
um Dragas, schwere Pumpen und
anderes Gerät zu beschlagnahmen
und zu zerstören. Deshalb haben
viele Miñeros ohne Konzession
und Lizenz ihr Gerät versteckt und
warten, bis die Polizeieinheiten
aus Lima wieder verschwinden.
Nur noch mit Lizenz und Konzession
Das könnte jedoch dauern – anders
als im Jahr 2010, als der damalige
Umweltminister Antonio
Brack erstmals gegen die Zerstörung
des Regenwaldes in der Region
und das Eindringen der Miñeros
in das Naturreservat Tambopata
vorging. Der Regierung in
Lima scheint es ernst damit, den
Wildwuchs einzudämmen und die
Miñeros einzig in einem bestimmten
Korridor zu dulden – fortan allerdings
nur mit Konzession und
Lizenz.
Der informelle Bergbau, so
lautet der Konsens in Lima, soll
reguliert werden, illegaler Bergbau
steht fortan unter Strafe, denn
in immer mehr Landesteilen Perus
gibt es Probleme mit dem illegalen
Schürfen. Neben Madre de Dios
sind etliche Tausend Miñeros nahe
Puno am Titicacasee am Schürfen,
im Norden in Tambogrande oder
im größten Departamento von Loreto.
Damit einher gehen zunehmende
Probleme mit kontaminiertem
Trinkwasser und verseuchten
Böden.
Wesentliche Gründe, weshalb
in Peru nun auf die Bremse getreten
wird. Für die schätzungsweise
einhunderttausend Miñeros ist das
eine schlechte Nachricht. In Puerto
Maldonado schoben sich im März
deshalb mehr als zehntausend
Bergarbeiter durch die Straßen der
Stadt, um ihrem Proteststreik
Nachdruck zu verleihen. Doch vier
Wochen später sind in La Pampa
viele der Camps verwaist. Viele der
einfachen Arbeiter sind abgezogen,
weil die weiterhin laufenden
Polizeirazzien das Arbeiten im
Dschungel verhindern.
* Aus: neues deutschland, Freitag, 4. Mai 2012
Zurück zur Peru-Seite
Zurück zur Homepage