Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Hubschrauberjagd auf die Kleinschürfer

Perus Regierung fährt schwere Geschütze gegen illegale Goldsucher auf

Von Knut Henkel, Puerto Maldonado *

In Perus Amazonasprovinz Madre de Dios tobt ein Konflikt zwischen Sicherheitskräften und Tausenden von Goldschürfern. Mehrere Tausend Hektar Wald sind bereits verloren, die Verseuchung von Wasser und Boden durch Quecksilber nimmt stark zu. Dagegen hat die Regierung in Lima mobil gemacht.

»Das ist unser Aussichtsturm der Biodiversität. Von da oben haben Sie einen prächtigen Blick über den Dschungel, aber derzeit ist der Zugang leider gesperrt. Ein Demonstrant ist hier bei den Protesten gegen das Ende des illegalen Bergbaus gestorben. Es wird noch ermittelt«, erklärt Jarón Quispe Gámez, Taxifahrer in der peruanischen Urwaldstadt Puerto Maldonado. Vor ein paar Jahren war die Stadt nur halb so groß und bestand in erster Linie aus ein- und zweistöckigen Holzhäusern.

»Fast alle mehrstöckigen Neubauten aus Beton gehören irgendwelchen Goldgräbern, die andere für sich schuften lassen«, erklärt Juan Carlos Navarro Veja, Mitarbeiter der Caritas in Puerto Maldonado, bei einer Fahrt durch die kleine Stadt. Auch am Hubschrauberlandeplatz geht es vorbei. Von hier aus wird seit Wochen aus der Luft operiert. Polizei und Soldaten zerstören das schwere Gerät mit dem die Goldsucher die Flussbetten und auch ganze Landstriche wie in La Pampa oder Huaypete durchwühlen.

Zerstörung des Regenwaldes

Beide Gegenden sind nun landesweit bekannt für die Zerstörung des tropischen Regenwaldes durch die Goldsucher. Die hohen Weltmarktpreise haben nicht nur in Madre de Dios dazu geführt, dass es eine Art Goldrausch gibt, so Carlos Sánchez von der Nichtregierungsorganisation Aider.

Aider arbeitet in der Region und hat bei La Pampa erste Wiederaufforstungsmaßnahmen eingeleitet. »Die Leute drängen seit Jahren in die Region und seit der Goldpreis die Tausend-Dollar- Marge überschritten hat, ist ein regelrechter Boom ausgebrochen «, so der diplomierte Agronom. Ein schonender Umgang mit der Natur ist in den meisten Siedlungen der Schürfer unbekannt. Die arbeiten oft im Auftrag von kleinen Unternehmen, die die Geräte stellen, mit dem der Boden abgesaugt, durchgespült und durchgesiebt wird.

Dragas heißen die Schwimmbagger, die Sand und Erdreich ansaugen und es über vibrierende Flächen leiten, an denen das Gold hängen bleibt. Bis vor wenigen Wochen wurde in den Camps nahezu rund um die Uhr geschuftet, nun geht es deutlich ruhiger zu. Verantwortlich dafür ist der Polizeihubschrauber in Puerto Maldonado, der fast jeden Tag startet, um Dragas, schwere Pumpen und anderes Gerät zu beschlagnahmen und zu zerstören. Deshalb haben viele Miñeros ohne Konzession und Lizenz ihr Gerät versteckt und warten, bis die Polizeieinheiten aus Lima wieder verschwinden.

Nur noch mit Lizenz und Konzession

Das könnte jedoch dauern – anders als im Jahr 2010, als der damalige Umweltminister Antonio Brack erstmals gegen die Zerstörung des Regenwaldes in der Region und das Eindringen der Miñeros in das Naturreservat Tambopata vorging. Der Regierung in Lima scheint es ernst damit, den Wildwuchs einzudämmen und die Miñeros einzig in einem bestimmten Korridor zu dulden – fortan allerdings nur mit Konzession und Lizenz.

Der informelle Bergbau, so lautet der Konsens in Lima, soll reguliert werden, illegaler Bergbau steht fortan unter Strafe, denn in immer mehr Landesteilen Perus gibt es Probleme mit dem illegalen Schürfen. Neben Madre de Dios sind etliche Tausend Miñeros nahe Puno am Titicacasee am Schürfen, im Norden in Tambogrande oder im größten Departamento von Loreto. Damit einher gehen zunehmende Probleme mit kontaminiertem Trinkwasser und verseuchten Böden.

Wesentliche Gründe, weshalb in Peru nun auf die Bremse getreten wird. Für die schätzungsweise einhunderttausend Miñeros ist das eine schlechte Nachricht. In Puerto Maldonado schoben sich im März deshalb mehr als zehntausend Bergarbeiter durch die Straßen der Stadt, um ihrem Proteststreik Nachdruck zu verleihen. Doch vier Wochen später sind in La Pampa viele der Camps verwaist. Viele der einfachen Arbeiter sind abgezogen, weil die weiterhin laufenden Polizeirazzien das Arbeiten im Dschungel verhindern.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 4. Mai 2012


Zurück zur Peru-Seite

Zurück zur Homepage