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Ollanta Humala geschlagen

Peru: Präsidenten-Comeback für den Sozialdemokraten Alan García

Von Gerold Schmidt, npl*

Ollanta Humala hat es nicht geschafft. Der Exmilitär, angetreten mit einem links-nationalistischen Pro­gramm, erreichte in der Stichwahl um das peruanische Präsidentenamt am vergangenen Sonntag nach dem letzten Auszählungsstand nur gut 45 Prozent der Stimmen. Dagegen gelang dem Sozialdemokraten Alan García ein erstaunliches Comeback. 16 Jahre, nachdem er am Ende seiner ersten Amtszeit Peru völlig bankrott und durch eine korrupte Regierung ausgeplündert zurückließ, wird er erneut in den Präsidentenpalast einziehen. Seinen deutlichen Vorsprung hat er nach ersten Analysen dem Wahlverhalten in der Hauptstadt Lima zu verdanken, wo ein knappes Drittel der 16,5 Millionen Wahlberechtigten wohnt. Von den Hauptstädtern gaben deutlich mehr als 60 Prozent dem 57jährigen García ihre Stimme.

Im ersten Wahlgang am 9. April hatte der neue Präsident mit 24,3 Prozent nur hauchdünn vor der rechten Kandidatin Lourdes Flores den zweiten Platz belegt. Deren Stimmen dürften ihm am Sonntag zu großen Teilen zugefallen sein.

In einem Land, in dem mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Armut lebt, war es nicht die Begeisterung für García, die die Wahl entschied. Vielmehr gab die Angst der traditionellen peruanischen Mittelschicht und der konservativen Rechten vor dem »radikalen« Humala den Ausschlag. Diejenigen, die den zum Marktwirtschaftsverfechter gewandelten Alan García wegen seiner Verstaatlichungsexperimente in den 80er Jahren noch das »verrückte Pferd« nannten, sehen heute in ihm das kleinere Übel. Entsprechend bescheiden trat dieser im Bewußtsein seiner neuen Klientel am Wahlabend auf. »Ich würde sagen, heute ist kein trauriger Tag, aber auch keiner des einfachen Triumphes und Jubels«, so García.

Immer wieder hatte er während des Wahlkampfes versprochen, seine Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen und die Korruptionsbekämpfung zu einer Säule der Regierungspolitik zu machen. In Anspielung auf die politische Unterstützung seines Konkurrenten durch Venezuelas Staatspräsident Hugo Chávez bezeichnete García seinen Sieg als »Botschaft für die nationale Souveränität«. Was er nicht erwähnte: Noch zu seiner Abschlußkundgebung am Donnerstag vergangener Woche war eigens die Beauftragte für Internationale Beziehungen der spanischen Regierungspartei PSOE nach Lima geflogen und hatte ihn öffentlich unterstützt.

Ollanta Humala rief trotz seiner Niederlage zur Einheit »aller linken Kräfte, regionalen Bewegungen, sozialer Organisationen und national gesinnter Unternehmer« auf, »die große landesweite Transformation zu beginnen«. Tatsächlich wird mit dem 43jährigen Humala zukünftig als fester politischer Größe zu rechnen sein. In der Mehrheit der peruanischen Provinzen lag er vor García. Seine Partei, das »Bündnis für Peru«, ist mit 45 von 120 Abgeordnetenmandaten deutlich stärker als die Revolutionäre Amerikanische Volksallianz (ARPA) des künftigen Präsidenten mit ihren 36 Sitzen.

Für die arme Bevölkerung, die 1985 noch Alan García bei seinem Amtsantritt begeistert feierte, ist heute Humala der Hoffnungsträger. Allerdings ist der ehemalige Oberst in der organisierten Linken nicht unumstritten, selbst wenn sie ihn mehrheitlich gewählt haben wird. Autoritäres Gehabe, ehemalige Gefolgsleute des diktatorischen Fujimori-Regimes in seiner näheren Umgebung und ein alles andere als konsistentes Programm stehen seinem Bestreben entgegen, die Linke zu einigen.

* Aus: junge Welt, 6. Juni 2006


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