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Ein Mann fürs Grobe

Geheimdienstler Philip S. Goldberg wird neuer US-Botschafter in Manila

Von Rainer Werning *

Die Stationen des US-amerikanischen Diplomaten Philip S. Goldberg sind recht ansehnlich – Kosovo, Chile, Südafrika, Pakistan, Kolumbien und Bolivien. In Boliviens Hauptstadt La Paz diente Goldberg zwei Jahre lang als US-Botschafter, von Oktober 2006 bis September 2008. Bis ihm ein Schicksal widerfuhr, das für Karrierediplomaten äußerst mißlich ist. »Ohne Furcht vor dem Empire erkläre ich Mr. Goldberg, den US-amerikanischen Botschafter in unserem Lande, zur ›persona non grata‹«, hatte Boliviens Präsident Evo Morales am 10. September 2008 bekanntgegeben. Innerhalb von 72 Stunden hatte der Diplomat das Land zu verlassen. Die bolivianische Regierung warf Goldberg vor, die Opposition gegen den Präsidenten aufgestachelt und regierungskritische Einrichtungen mit kräftigen Finanzspritzen unterstützt zu haben.

Washington wies die Vorwürfe seinerzeit als unbegründet zurück und sorgte für eine sanfte Landung seines Gesandten. Vor einigen Tagen nun wurde publik, daß Goldberg den US-Botschafter in den Philippinen, Harry K. Thomas, ablösen wird. Pikant ist daran zweierlei: Der von Kritikern als »Interventionist« gescholtene Goldberg stand nicht nur seit Anfang 2010 als Staatssekretär der Behörde für Geheimdienstarbeit und Forschung vor, die unmittelbar dem US-Außenminister unterstellt ist. Als Geheimdienstmann soll er, befürchten kritische Journalisten auf den Philippinen, auch der Regierung in Manila bei ihrer »Aufstandsbekämpfungsstrategie« behilflich sein. Die Regierung von Präsident Benigno Aquino III verfolgt mit ihrem »Oplan Bayanihan« – dem »Operationsplan Nachbarschaftshilfe« – das Ziel, bis zum Ende der Amtszeit im Sommer 2016 der »kommunistischen Subversion« und »terroristischen Umtrieben« im Süden des Inselstaates endgültig einen Riegel vorzuschieben.

Seit US-Präsident Barack Obama im November 2011 anläßlich einer Staatsvisite in Australien die Grundzüge einer »Pivot to Asia« umriß, wonach Washington seine künftige Außen- und Sicherheitspolitik schwerpunktmäßig auf die Regionen Südostasien, Südasien und Pazifik fokussiert, rücken die Philippinen zwangsläufig ins Blickfeld der Strategen im Pentagon. Das Land, von 1898 bis 1946 US-Kolonie, gilt als enger Verbündeter der USA. Denen geht es vor allem um Zufahrtswege durchs Südchinesische Meer, um militärstrategisches Kalkül in der Region und schließlich um den Abbau der dort reichlich vermuteten Erdöl- und Erdgasvorkommen.

Bereits heute überwachen US-Aufklärungsflugzeuge in der Region U-Bootbewegungen und nachrichtendienstliche Verbindungen. »Seit seinem Amtsantritt im Sommer 2010 arbeitet die Aquino-Regierung eng mit der US-Regierung zusammen, um Konflikte im Südchinesischen Meer zu schüren und durch kriegerisches Gebaren dazu beizutragen, China zu provozieren«, schreibt die illegale Kommunistische Partei der Philippinen (CPP) dazu in einer Erklärung von Anfang August. »Die USA wollen das Land als bedeutsamen Militärstützpunkt in der Region Asien-Pazifik ausbauen.«

Bis Anfang der 1990er Jahre befanden sich mit der Clark Air Field und der Subic Naval Base die beiden größten Militärstützpunkte außerhalb des nordamerikanischen Kontinents auf den Philippinen. Seit kurzem sind Bestrebungen im Gange, Subic erneut den US-Amerikanern für militärische Zwecke zu überlassen und ihnen darüber hinaus weitere Häfen und Flughäfen bereitzustellen. Das gaben die philippinischen Minister für Auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung, Albert F. Del Rosario und Voltaire T. Gazmin, inzwischen zu. Gleichzeitig mit der Ernennung von Botschafter Goldberg sagte Washington eine Aufstockung der Militärhilfe an Manila von 30 auf 50 Millionen Dollar zu.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 15. August 2013


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