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Rumänien streckt Fühler nach Russland aus

Moskau und Bukarest wieder im Gespräch

Von Anton Latzo *

Jahrelang herrschte so etwas wie Funkstille zwischen Spitzenpolitikern aus Bukarest und Moskau. Nun sieht es unter Rumäniens sozialdemokratischem Premier Victor Ponta nach etwas Besserung aus.

Auch sein Land wolle die »Periode einer gewissen Stagnation überwinden«, versicherte Russlands Außenminister seinem rumänischen Kollegen Titus Corlățean bei dessen Moskau-Besuch Anfang Juli. Erst einmal scheint damit der Tiefpunkt in den rumänisch-russischen Beziehungen überwunden. Beobachter sehen ihn im Jahr 2012. Rumäniens Staatspräsident Traian Băsescu hatte eine »Achse Bukarest-London-Washington« verkündet und damit den USA-Interessen in der Region des Schwarzen Meeres absolute Priorität eingeräumt.

Ausdruck dessen sind die Errichtung von Teilen des Raketenschilds der USA und die Stationierung US-amerikanischer Truppen auf rumänischem Gebiet. Damit kann Washington alle militärischen und ökonomischen Operationen in der Schwarzmeerregion direkt kontrollieren – auch die Aktivitäten Russlands auf dem Seeweg ins Mittelmeer. Über Băsescu und seine Anhänger beeinflussen die USA Rumänien und wirken überdies in die Republik Moldau ein.

Das läuft nicht nur den Interessen Russlands zuwider. Da die Region für die EU einen wichtiger Zugang zum Nahen und Mittleren Osten darstellt und im Korridor für Großprojekte der Rohstoffversorgung liegt, erlangten die USA auch in dieser Richtung strategische Vorteile. Rumänien begab sich also auf ein militärisches und politisches Konfliktfeld regionaler und globaler Dimension.

Ende 2012 aber feierte in Rumänien eine Mitte-Links-Koalition einen überzeugenden Wahlsieg. Băsescu musste seinen Rivalen Victor Ponta, der sich für die Amtsenthebung des Präsidenten eingesetzt hatte, erneut mit der Regierungsbildung beauftragen. Mit der Entsendung seines Außenministers nach Moskau ging es dem Premier offensichtlich darum, das Verhältnis zu Russland zu entspannen.

Ungelöst blieb das Problem der USA-Raketenabwehr auf dem Territorium des – so Lawrow – »wichtigen Partners in Südosteuropa«. Natürlich sei die Raketenabwehrthematik »erwähnt« worden, doch bleibe das eine Frage, die »in unseren Beziehungen mit der nordatlantischen Allianz nicht gelöst worden ist«.

Probleme gibt es nach wie vor auch im Umgang mit dem Nachbarn Rumäniens, der Republik Moldau. Băsescu erklärte wiederholt, dass sich deren Vereinigung mit Rumänien in den nächsten 25 Jahren vollziehen sollte. Lawrow wiederholte dagegen die »unveränderliche und gut bekannte« Position Russlands: Die Republik Moldau sollte »ein souveräner Staat bleiben und in Übereinstimmung mit ihrer Verfassung Neutralität wahren«. Die Haltung der rumänischen Regierung, wonach die Zukunft der Republik durch die freie Wahl des moldauischen Volkes bestimmt werden soll und Rumänien diese Wahl achten wird, nannte er ein »konstruktives Element«. »Das ist die gleiche Position, die Russland teilt.«

Für eine Regelung des Konflikts um die Dnestr-Republik, die sich im Zuge des Zerfalls der UdSSR von Moldau abspaltete, verwies Lawrow auf das 5+2-Format. Neben Moldau und der Dnestr-Republik als Konfliktparteien beteiligen sich daran Russland, die Ukraine und die OSZE als Vermittler, die USA und die EU als Beobachter. Dieses »gemeinsame« Format, das Rumänien allerdings nur im EU-Rahmen einschließt, sei dazu geeignet, alle bestehenden Fragen zu lösen –, darunter auch die nach dem Status von Territorien.

* Aus: neues deutschland, Mittwoch, 17. Juli 2013


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