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Streit um Kosmodrom Baikonur

Tauziehen Moskau-Astana

Von Irina Wolkowa, Moskau *

Es war zumindest eine unfreundliche Geste: Am Vorabend des Moskaubesuchs von Kasachstans Außenminister Erlan Idrissow, der am Freitag zu Ende ging, schlug das russische Außenministerium harte Töne im Streit um den Weltraumbahnhof Baikonur an. In einer Note wurden alle Maßnahmen aufgelistet, die Russland ergreifen könnte, falls Kasachstan seine Entscheidung über die Kürzung der Zahl russischer Raketenstarts nicht zurücknimmt.

Die Regierung in Astana hatte beschlossen, dass Russland in diesem Jahr vom kasachischen Baikonur nur noch 12 statt bisher 14 Trägerraketen ins All schießen darf. Moskau ist empört - Kasachstan verstoße damit gegen den Pachtvertrag - und droht mit der Einstellung aller gemeinsamen Raumfahrtprojekte.

Von Baikonur aus startete die Sowjetunion seit 1955 Interkontinentalraketen, Satelliten und Raumschiffe. Nach dem Zerfall der Union pachtete Russland das 57 Quadratkilometer große Gelände. Moskau zahlt dafür jährlich umgerechnet etwa 200 Millionen Euro Nutzungsgebühren und wickelt über die insgesamt 15 Startrampen rund 70 Prozent seiner Weltraummissionen ab.

Mehrfach waren Zündstufen von Trägerraketen jedoch kurz nach dem Start explodiert und hatten auf kasachischem Gebiet für erhebliche Umweltschäden gesorgt. Die Präsidenten Wladimir Putin und Nursultan Nasarbajew einigten sich daher im Juni 2012 auf eine von Russland dafür zu zahlende Pauschale von jährlich 460 000 Dollar. Ein Abkommen dazu wurde bisher jedoch nicht unterzeichnet, weshalb Kasachstan die Verseuchung zum Anlass für Auflagen und Beschränkungen russischer Raketenstarts nimmt.

Die russische Raumfahrtagentur Roskosmos sieht dadurch fünf kommerzielle Programme gefährdet, was mit Verlusten von 500 Millionen Dollar zu Buche schlagen und Russland zwingen könnte, sich ganz aus Baikonur zurückzuziehen. Kasachstan allein wäre jedoch mangels Spezialisten nicht in der Lage, den Raumbahnhof zu unterhalten. Andererseits dürfte auch Russland derzeit keine Alternativen haben. Zwar entsteht in der Amur-Region der neue Weltraumbahnhof Wostotschny (Der Östliche). Ob dort, wie geplant, schon 2015 die erste Rakete starten kann, ist indes so sicher nicht.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 26. Januar 2013


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