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Abkehr vom Westen: Usbekistan tritt dem von Russland dominierten Militärbündnis OVKS bei

Der Rat der "Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit" (OVKS) tagte in der weißrussischen Hauptstadt Minsk

Am 23. Juni 2006 tagte in Minsk (Weißrussland-Belarus) der Rat für kollektive Sicherheit (RKS) der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit (OVKS), ein im Westen wenig beachtetes Militärbündnis, das 1992 von Russland und einigen ehemaligen Sowjetrepubliken gegründet wurde. Der OVKS gehören Armenien, Kasachstan, Kirgisien, Russland, Tadschikistan und Weißrussland an - und jetzt auch Usbekistan.
Dazu dokumentieren wir im Folgenden einen Artikel sowie ein paar Meldungen der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti.



Taschkent hat mit Westkurs gebrochen

Von Tomasz Konicz *

Die am vergangenen Freitag (23. Juni) in der belarussischen Hauptstadt Minsk abgehaltene, turnusmäßige Sitzung der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit (OVKS) hielt eine handfeste Überraschung parat. Die 1992 gegründete OVKS ist das militärische Bündnis ehemaliger, in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) organisierter Sowjetrepubliken. Neben Rußland sind Armenien, Kasachstan, Kirgisien, Tadschikistan und Belarus Teil der OVKS – seit dem 23. Juni kann auch Usbekistan dazu gezählt werden.

Der russische Präsident Wladimir Putin ließ es sich nicht nehmen, im Beisein des usbekischen Staatschefs Islam Karimow diese Nachricht persönlich auf der Sitzung des Rates der OVKS publik zu machen. Laut Putin habe Usbekistan das Moratorium über Aktivitäten im Rahmen der OVKS aufgehoben und sei somit wieder zum gleichberechtigten Mitglied dieser Organisation geworden. Im Vorfeld der OVKS-Sitzung war von offizieller Seite nur darauf verwiesen worden, daß Karimow als »Gast« dem Treffen beiwohnen würde.

Usbekistan gehörte zu den Gründungsmitgliedern der OVKS, doch ab 1999 setzte Taschkent zunehmend auf einen prowestlichen Kurs. Die sicherheitspolitische Kooperation vor allem mit den USA forcierend, suspendierte Karimow seinerzeit die Mitgliedschaft in der OVKS. Ihren Zenit erreichte die Westintegration Usbekistans während der Militärkampagne gegen die afghanischen Taliban 2001, als die US-Airforce die Nutzungsrechte für eine usbekische Luftwaffenbasis erhielt. Die Beziehungen zum Westen kühlten erst mit dem Ausbrechen der »bunten Revolutionen« im postsowjetischen Raum merklich ab, die in Georgien, der Ukraine und Kirgisien westhörige Regierungen an die Macht spülten. Nachdem im Mai 2005 in der ostusbekischen, an der Grenze zu Kirgisien gelegenen Stadt Andijan eine islamistische Rebellion ausbrach und die USA deren blutige Niederschlagung durch usbekische Sicherheitskräfte vehement kritisierten, vollführte Karimow einen radikalen Kurswechsel. Binnen weniger Monate mußten die US-Streitkräfte die usbekische Militärbasis aufgeben, die Kontakte Usbekistans zu Rußland und anderen GUS-Staaten wurden wiederbelebt.

* Aus: junge Welt, 28. Juni 2006


Weitere Meldungen zum Thema:

OVKS-Staatschefs besprechen in Minsk militärpolitische Situation

MOSKAU/MINSK, 23. Juni (RIA Novosti). Eine turnusmäßige Sitzung des Rates für kollektive Sicherheit (RKS) der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit (OVKS) findet am Freitag (23. Juni 2006) in der weißrussischen Hauptstadt Minsk statt.
Die Sitzung wird mit einem Treffen der OVKS-Staatschefs in enger Zusammensetzung eröffnet. Anschließend werden die Präsidenten eine gemeinsame Plenarsitzung unter Beteiligung der Außenminister, Verteidigungsminister und Staatssekretäre der Sicherheitsräte durchführen.
Wie der Erste Stellvertreter des russischen Außenministers, Andrej Denissow, der RIA Novosti mitteilte, sollen bei dem Treffen Pakete von Dokumenten über die normative und organisationsseitige Ausgestaltung des Mechanismus für Friedensaktivitäten im OVKS-Rahmen, über die Aufstellung einer Vereinigten Truppengruppierung der zentralasiatischen Region der kollektiven Sicherheit und die Tätigkeit der Kollektiven schnellen Eingreifkräfte in dieser Region sowie über die Führung der Kräfte und Mittel des Systems der kollektiven Sicherheit behandelt werden.
"Es ist geplant, dass die Staatschefs einige gemeinsame Entscheidungen bestätigen, die die Steigerung der Effektivität der Tätigkeit der Rechtsschutzorgane und Geheimdienste im Kampf gegen die neuen Herausforderungen und Gefahren, vor allem gegen den internationalen Terrorismus, die organisierte Kriminalität und den Drogenhandel, betreffen", teilte der offizielle Vertreter des russischen Außenministeriums, Michail Kamynin, der RIA Novosti mit.

Auf dem Gipfel sollen die Positionen der Seiten zur Gewährleistung der internationalen und regionalen Sicherheit, zur Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen und deren Trägermitteln, zum Zusammenwirken mit der UNO, der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit und einigen anderen internationalen Organisationen sowie zur Einrichtung Afghanistans nach dem Konflikt abgestimmt werden.
"In der Sitzung des Rates für kollektive Sicherheit wird die Hauptaufmerksamkeit der Vervollkommnung und Steigerung der Effektivität der Tätigkeit der OVKS sowie der Bestimmung der vorrangigen Richtungen der Tätigkeit der Organisation in der Nahperspektive gelten. In diesem Zusammenhang wurde der Entwurf einer Deklaration der OVKS-Mitgliedsländer über die weitere Vervollkommnung und Steigerung der Effektivität der Tätigkeit der Organisation vorbereitet", teilte Kamynin mit.

Der Präsident von Usbekistan, Islam Karimow, beteiligt sich als Gast an der Arbeit des Gipfels.
Der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit gehören Armenien, Kasachstan, Kirgisien, Russland, Tadschikistan und Weißrussland an.

RIA Novosti, 23. Juni 2006

Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit setzt auf Militärallianz

MINSK, 23. Juni (RIA Novosti). Die Staatschefs der Teilnehmerländer der Organisation des Vertrages über die kollektive Sicherheit werden auch weiterhin auf die Festigung und Förderung der militärischen Komponente der Kooperation setzen.
Diese Absicht wurde am Freitag (23. Juni 2006) in einer Deklaration bekräftigt, die auf einer Tagung des Rates für die kollektive Sicherheit der Organisation in der weißrussischen Hauptstadt Minsk unterzeichnet wurde. "Wir gehen davon aus, dass die Schaffung des Einheitlichen Systems der kollektiven Sicherheit im Rahmen der Organisation die Förderung ihrer militärischen Komponente erforderlich machen wird. Das betrifft sowohl die Abwendung herkömmlicher Gefahren als auch die weitere Anpassung der Organisation an immer anders werdende Bedingungen des Kampfes gegen Terrorismus, Extremismus, Drogenhandel und andere moderne Herausforderungen und Gefahren", heißt es in dem Papier.

Die Teilnehmerländer der Organisation halten es für zweckmäßig, einen Mechanismus der strategischen Planung auszuarbeiten, der den Einsatz von Mitteln und Kräften der kollektiven Sicherheit und der Erweisung von Soforthilfe für einzelne Teilnehmerländer der Organisation regeln soll, deren Sicherheit gefährdet wird bzw. die von anderen Ländern überfallen werden.

RIA Novosti, 23. Juni 2006

Alexander Lukaschenko neuer Vorsitzender des Rates für Kollektive Sicherheit

MINSK, 23. Juni (RIA Novosti). Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko ist Vorsitzender des Rates für Kollektive Sicherheit der Organisation des Vertrages über Kollektive Sicherheit (OVKS) geworden.
Die diesbezügliche Entscheidung wurde am Freitag (23. Juni 2006) beim Gipfeltreffen dieser Organisation in Minsk getroffen.

Somit wird der Vorsitz im höchsten Organ der OVKS von Russland an Weißrussland übertragen. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte seit Juni 2005 den Rat für Kollektive Sicherheit geleitet.
"Entsprechend der Ordnung über den Rat für Kollektive Sicherheit der OVKS ist der Chef des Staates, auf dessen Territorium der Rat tagt, in der Zeit bis zur nächsten Tagung als Vorsitzender des Rates tätig, wenn der Rat keine andere Entscheidung trifft", sagte der amtliche Sprecher des russischen Außenministeriums, Michail Kamynin, im Gespräch mit RIA Novosti.

RIA Novosti, 23. Juni 2006




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