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Russische Vorwürfe gegen Georgien

Politiker unterstellen Verwicklung in Anschlag

Von Irina Wolkowa, Moskau *

Das angespannte Verhältnis zwischen Russland und Georgien wird neuerlich belastet: Tbilissi hätte seine Hand bei dem Anschlag auf den Moskauer Flughafen Domodedowo am 24. Januar 2011 mit im Spiel gehabt, sagen hochrangige russische Politiker.

Alexander Torschin ist nicht irgendwer. Er ist Vizepräsident des russischen Senats. Die »Rossijskaja Gaseta« ist nicht irgendeine Zeitung sondern wird von der russischen Regierung herausgegeben. Ebendort nannte Torschin in einem Interview einen konkreten Namen, den er als Drahtzieher des Anschlags auf den Moskauer Flughafen Domodedowo verdächtigt: Dmitri Sanakojew, der Chef der pro-georgischen Exilregierung von Südossetien. Die Region erklärte sich 1992 für unabhängig und wurde von Moskau nach dem Fünf-Tage-Krieg mit Georgien im August 2008 offiziell anerkannt, Tbilissi betrachtet Südossetien weiter als Teil Georgiens und wird darin vom Westen unterstützt.

Zwar hat inzwischen der Chef der tschetschenischen Guerilla, Doku Umarow, die Verantwortung für den Anschlag in Domodedowo übernommen, bei dem 37 Menschen starben und über 100 verletzt wurden.

In Georgien schlugen die Wogen der Empörung hoch. Eine Erklärung des Präsidentenamtes bezeichnete Torschins Vorwürfe als »absurd, und extrem beleidigend, angesichts der Bemühungen um eine friedliche Beilegung des Konflikts mit den abtrünnigen Regionen«. Moskau werde mit seinen Problemen im Nordkaukasus nicht fertig, versuche, die Verantwortung dafür auf andere abzuwälzen und sei sogar zu einem neuen Krieg mit Georgien bereit.

Experten – russische wie georgische – wollen einen »kleinen siegreichen« Krieg nicht ausschließen. Ihrer Meinung nach hätte sich Senator Torschin ohne Auflassung von ganz oben nicht so weit vorgewagt. Kein Geringerer als Präsident Dmitri Medwedew hatte Tiflis am vorvergangenen Dienstag bei seinem Besuch in Wladikawkas, der Hauptstadt der Teilrepublik Nordossetien Versuche vorgeworfen, die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi zu verhindern.

* Aus: Neues Deutschland, 3. März 2011


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