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Bombenterror auf russischen Schienen

Anschlag traf "Newa-Express" auf dem Weg von Moskau nach St. Petersburg / Mindestens 26 Tote

Von Irina Wolkowa, Moskau

Nach dem schweren Terroranschlag auf einen voll besetzten Schnellzug von Moskau nach St. Petersburg ist Russlands meistbefahrene Bahnverbindung wiederhergestellt.

Bisher 26 Tote, um die 100 Verletzte, die meisten davon schwere Fälle, etliche Menschen werden noch vermisst. Denn die Trümmer des »Newa-Express«, auf den in der Nacht zu Sonnabend ein Sprengstoffanschlag verübt wurde, hat die Wucht der Explosion über mehrere hundert Meter verstreut. Rettungsmannschaften des Ministeriums für Katastrophenschutz konnten sich nur mit Schneidbrennern Zugang zu den teilweise ausgebrannten und ineinander verknäuelten Wagen verschaffen.

Es war gegen 21.25 Uhr Ortszeit (19.25 Uhr MEZ) und nach etwa 285 Kilometern Fahrt, als unter der Lok des Zuges, der von Moskau nach St. Petersburg unterwegs war, an der Grenze zwischen den Regionen Twer und Nowgorod sieben Kilo TNT detonierten. Durch die Trägheit der Masse fuhr der Zug noch etliche Meter und kam dann jäh zum Stillstand. Dadurch entgleisten die letzten drei Wagen. Dort befanden sich 204 Reisende. Insgesamt hatte der Zug 13 Liegewagen und ein Bordrestaurant. Gebucht waren für die Reise 661 Passagiere. Einige von diesen fehlten allerdings.

Das Zugunglück ist eines der schwersten in der jüngeren Geschichte Russlands und der erste größere Terroranschlag nach längerer Zeit. Jedoch hatte es auf der gleichen Strecke - sie ist rund 700 Kilometer lang - im Sommer 2007 und nur ein paar Dutzend Kilometer weiter nördlich bereits ein ähnliches Attentat gegeben. Ziel war ebenfalls der »Newa-Express«, der zu den modernsten Zügen Russlands gehört und Geschwindigkeiten von 200 Stundenkilometern erreicht. Durch glückliche Umstände und weil die Attentäter nur zwei Kilo Sprengstoff und einen selbst gebastelten Zünder verwendet hatten, gab es damals jedoch nur 60 Leichtverletzte.

Angelastet wurde der Anschlag damals islamischen Extremisten aus dem Nordkaukasus. Die Ermittlungen laufen noch und erst am Mittwoch hatte sich einer der Verdächtigten überraschend zu Aussagen bequemt und dabei dunkel mit neuen Anschlägen gedroht. Staatsanwalt und Sicherheitsorgane stehen dieser Täterschaft indes offenbar skeptisch gegenüber.

Zwar übernahm inzwischen »Kombat 18« - eine international vernetzte Gruppe von Neonazis - per Internet die Verantwortung für den Anschlag auf den »Newa-Express«. Beobachter, die sich in der rechten Szene auskennen, wie Galina Koschewnikowa von der Organisation »Sowa«, halten das jedoch für reines Buhlen um Aufmerksamkeit.

* Aus: Neues Deutschland, 30. November 2009


Nach Anschlag auf Zug: Vermutliches Terroristen-Versteck entdeckt

Nach dem Anschlag mit 26 Toten auf den Newa-Express im russischen Gebiet Nowgorod haben Ermittler in einem benachbarten Dort offenbar das Versteck der mutmaßlichen Täter entdeckt.

"Die Fahnder entdeckten auf einem Dachboden Spuren des Aufenthalts von vier Personen, die sich dort einige Tage lang versteckt hatten", sagte ein Ermittler am Montag der Agentur RIA Novosti.

Einheimischen zufolge sei ein Unbekannter kurz vor dem Anschlag in einigen dortigen Dörfern geschehen worden. Er habe behauptet, das Haus seiner Verwandten zu suchen.

Das russische Innenministerium teilte unterdessen am Montag mit, es gebe bereits Phantombilder einiger Verdächtigen.

Der von Moskau nach St. Petersburg fahrende Schnellzug Newa-Experess war am Freitagabend nahe der Ortschaft Jersowka verunglückt, 26 Menschen starben. Die Ermittler gehen von einem Sprengstoffanschlag aus.

Die russische Eisenbahn RZD dementierte am Montag Berichte über einen technischen Defekt als mögliche Ursache der Katastrophe. "Ich war vor Ort. Fachleute haben keinen Zweifel daran, dass das eine Explosion war. Der Trichter am Gleis war 1,5x1 Meter groß und 0,7 Meter tief", sagte RZD-Vize Michail Akulow im Radiosender "Echo Moskwy".

** Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 30. November 2009; http://de.rian.ru




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