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Reaktion auf Ukraine-Krise

Hintergründe der Flottenmanöver Moskaus und Pekings im Ostchinesischen Meer

Von Gerhard Feldbauer *

Deutsche Außen- und Militärexperten reagieren beunruhigt auf jüngste eskalierende Spannungen im Ostchinesischem Meer, berichtete das Onlineportal German Foreign Policy (GFP) am Dienstag. Hintergrund ist ein vom 20. bis 26. Mai dort durchgeführtes gemeinsames Flottenmanöver Rußlands und Chinas. Wie RIA Nowosti und Xinhua groß aufgemacht berichteten, übten zwölf Kriegsschiffe, darunter der schwere russische kernkraftgetriebene Raketenkreuzer »Pjotr Weliki«, in gemeinsamen Kampfverbänden auf hoher See zusammen mit Fliegerkräften beider Seiten Rettungsaktionen für entführte Schiffe, U-Boot-Abwehr sowie Luft-Wasser-Angriffe. Das »Maritime Kooperation 2014« genannte Manöver wurde während des Besuchs des Präsidenten Wladimir Putin in Peking von ihm und seinem chinesischen Kollegen Jinping eröffnet. Damit wurde zusammen mit den milliardenschweren Verträgen über die Gaslieferungen Rußlands nach China gleichzeitig die wirtschaftliche Kooperation durch einen »strategischen Schulterschluß« militärisch vertieft.

Der Direktor des Zentrums für sozialpolitische Studien in Moskau, Wladimir Jewsejew, nannte das Manöver eine direkte Reaktion auf die Krise in der Ukraine, um dem Westen und vor allem den USA zu zeigen, »daß neue militärpolitische Beziehungen aufgebaut werden«. Schon »in allernächster Zeit könnten ernsthafte militärpolitische Vereinbarungen« folgen, warnte er. Die USA hätten »keine Ressourcen mehr, um der militärpolitischen Stärkung Rußlands und Chinas in der pazifischen Region etwas entgegenzusetzen«. Stimme Rußlands betonte, die miltärische Kooperation Rußlands und Chinas ermögliche, »dort eine ausbilanzierte Gruppierung der Marinekräfte zu schaffen, die imstande ist, sich gegen die NATO zu behaupten.«

Konstantin Sokolow, Vizepräsident der Akademie für geopolitische Fragen, sekundierte, das Ostchinesische Meer sei ausgewählt worden, weil dort »die USA regelmäßig Übungen veranstalten, um sowohl China als auch Nordkorea unter psychologischen Druck zu setzen«. Damit ergehe auch eine direkte Antwort auf die von Japan in jüngster Zeit zugespitzte Auseinandersetzung um die Senkaku-Inseln – in China Diaoyu – genannt. Das Manöver sei eine »Unterstützung Pekings durch Moskau«. Während der Militärübung drängten mit Raketen bestückte chinesische Militärjets ein in den Luftraum über den von China beanspruchten Inseln eingedrungenes japanisches Jagdflugzeug ab. Über dem Gebiet hat China eine Luftverteidigungszone eingerichtet, für deren Überfliegen es eine Anmeldung fordert, was Tokio ablehnt.

Die deutschen Experten schließen nicht aus, daß es in Ostasien »zu einem Krieg« kommen könnte. Da will die Bundesrepublik natürlich mitmischen. GFP zitiert einen Mitarbeiter des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel, der äußert, die Bundesrepublik müsse sich deshalb um einen Marinestützpunkt im Indischen Ozean bemühen, da sie anders als London oder Paris – sonst kaum interventionsfähig sei.

Moskau und Peking planen ihre militärische Kooperation globalstrategisch. Nowosti erinnerte daran, daß Peking an der Seite Moskaus bereits Anfang 2014 mit einem gemeinsamen Flottenmanöver ins Mittelmeer vorstieß, was auch eine Demonstration des Schutzes für Syrien gewesen sei. Wie die Agentur berichtete, wurde während des Besuchs Putins auch »eine engere Koordination im UN-Sicherheitsrat« vereinbart, wo beide Mitglieder in jüngster Zeit gegen vier Resolutionen zu Syrien ihr Veto eingelegt hatten.

Moskau und Peking betonten jedoch, daß sie nicht nur auf militärische Stärke setzen. Sie vereinbarten, ihre Mitarbeit im Rahmen der Konferenz für Interaktion und Vertrauensbildung in Asien (CICA), einem Sicherheitsforum in der Asien-Pazifik-Region, abzusprechen und zu verstärken. Der Gruppe gehören 26 Staaten an, die USA und Japan sind nur als Beobachter vertreten.

* Aus: junge Welt, Mittwoch 11. Juni 2014


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