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Krieg macht Kasse

Saudi-Arabien bleibt weltweit größter Waffenimporteur. Hauptlieferant sind USA

Von Karin Leukefeld *

Im zweiten Jahr in Folge ist Saudi-Arabien der größte Waffenimporteur der Welt. Das berichtete der US-amerikanische Analysedienst IHS am Samstag. Das Königreich hat demnach 2014 Kriegsgerät und »Sicherheitstechnik« im Wert von 6,5 Milliarden US-Dollar (6,0 Milliarden Euro) eingeführt. Gegenüber dem Vorjahr bedeutete das eine Steigerung von 54 Prozent. Für 2015 erwartet IHS einen weiteren Anstieg der Rüstungsimporte um 52 Prozent auf ein Volumen von dann 9,8 Milliarden Dollar. Grundlage der Berechnungen sind bereits abgeschlossene Verträge. Damit kommt dann jeder siebte US-Dollar, der weltweit für Waffen ausgegeben wird, aus Saudi-Arabien.

Auch die benachbarten Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) rüsteten stark auf und gaben 2014 2,2 Milliarden US-Dollar für Waffen aus. Geschäfte machten dabei vor allem die US-Unternehmen Boeing, Lockheed Martin und Raytheon, die auf 8,4 Milliarden Dollar Umsatz kamen. Die Rüstungsexporte der USA stiegen 2014 um 19 Prozent auf 23,7 Milliarden Dollar. Zweitgrößter Waffenlieferant ist Russland mit einem Ausfuhrvolumen von zehn Milliarden Dollar. International ist der Rüstungshandel dem Bericht zufolge von 56 Milliarden Dollar 2013 auf 64,4 Milliarden im vergangenen Jahr angewachsen.

Schwerpunkte des Waffenhandels sind derzeit der Mittlere Osten und die Arabische Halbinsel, wo Kriege und Krisen seit Jahren eskalieren, weil nationale, regionale und internationale Akteure sie anheizen. Lieferten die USA und europäische Staaten moderne Waffensysteme bisher vor allem an Israel, werden die Golfstaaten inzwischen mit Rüstungsgütern überschüttet. Saudi-Arabien hat damit im Irak Kampfverbände und Milizen aus dem Umfeld der Terrororganisation Al-Qaida unterstützt. Auch in Syrien versorgte das saudische Königshaus gleich mehrere Kampfgruppen mit Geld und Waffen, die mittlerweile in großen Mengen in den Besitz der Terrormiliz »Islamischer Staat« (IS) übergegangen sind. Saudische Staatsbürger, darunter auch ehemalige Soldaten und Offiziere kämpfen in Syrien gegen Regierungstruppen. Über Libanon, Jordanien und Irak wurde zwischen 2011 und 2013 in großem Stil Kriegsgerät aus Saudi-Arabien – und anderen Golfstaaten – nach Syrien geschmuggelt. 2014 hat das nachgelassen, nachdem diese Waffen in den Depots des IS aufgetaucht waren und die US-Administration einschritt, um die Lieferungen in »geordnete Bahnen« zu lenken.

Nun wollen die USA »moderate syrische Rebellen« ausbilden – in der Türkei und auch in Saudi-Arabien. In den nächsten drei Jahren sollen insgesamt 15.000 Kämpfer das Training absolvieren. Washington gibt bisher lediglich an, dass diese Einheiten gegen den IS kämpfen sollen. Ankara und Riad wollen aber, dass die Kämpfer auch gegen die syrische Armee und deren Oberbefehlshaber, Präsident Baschar Al-Assad, eingesetzt werden. Ben Moores, der Autor der IHS-Analyse, verwies bei der Vorstellung des Berichts auf die instabile politische Lage in der Region. »Gleichzeitig gibt es das Öl, das es den Staaten erlaubt, sich zu bewaffnen, sich zu schützen und anderen ihren Willen bei der Entwicklung der Region aufzuzwingen«, erklärte er. Unruhe löst in Riad vor allem die mögliche Beilegung des Streits über das iranische Atomprogramm aus. Eine Einigung mit Washington würde zu einer Aufhebung der westlichen Sanktionen gegen Teheran führen. Das würde der Wirtschaft im Iran enorm nutzen. Saudi-Arabiens Herrscher fürchten, dass der Iran dann seinen Einfluss in der Region ausbauen könnte.

US-Außenminister John Kerry hatte vor wenigen Tagen bei Gesprächen mit seinem saudischen Amtskollegen Prinz Saud Al-Faisal versucht, die Bedenken zu zerstreuen. Gleichzeitig warb Kerry für ein größeres Engagement der Saudis beim Kampf gegen den IS. Dem ist Prinz Faisal nicht abgeneigt, auch wenn er andere Ziele damit verbindet, als die US-Administration es offiziell angibt. Die arabischen Staaten müssten dringend eine »gemeinsame arabische Streitmacht« bilden, forderte auch der Präsident der Arabischen Liga, Nabil Al-Arabi. Nur so könne man der Ausbreitung extremistischer Islamistengruppen Einhalt gebieten. Die Aufstellung einer gemeinsamen Truppe soll nach Angaben der Arabischen Liga beim jährlichen Gipfeltreffen am 28./29. März 2015 in Scharm el Scheich auf der Tagesordnung stehen. Alle hätten »auf den Sturm im Mittleren Osten gewartet«, so der IHS-Autor Moores. Nun kann die Rüstungsindustrie gute Geschäfte machen.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 11. März 2015


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