Gegen den Krieg
Parteitag der schwedischen Vänsterpartiet verabschiedet Wahlplattform für Reichstagswahlen im September
Von Edeltraut Felfe *
In die Politik der schwedischen Linkspartei dürfte in den Monaten bis zur Reichstagswahl am 19. September einige Bewegung kommen. Die Delegierten des Parteitages der Vänsterpartiet, der am Wochenende in Stockholm tagte, bestätigten mit großer Mehrheit das seit Anfang 2009 vorbereitete und auch nach Wahlprognosen mögliche erstmalige Projekt einer neuen Regierung aus Sozialdemokratie, Grünen und Linkspartei. Konfliktfrei können die drei Parteien selbstverständlich nicht zusammenfinden. Laut Parteitagsbeschluß enthält die Wahlplattform die Forderung, die schwedischen Truppen aus Afghanistan abzuziehen. Im von der Parteiführung vorgelegten Entwurf stand dazu nichts. Die beschlossene Ablehnung der Beteiligung am Afghanistan-Krieg widerspricht auch der Position der Führungen von Sozialdemokratie und Grünen. Allerdings hatte ein Parteikongreß der Sozialdemokraten im größten Provinzialverband, im südlichen Schonen, kürzlich ebenfalls den umgehenden Abzug schwedischer Truppen gefordert. Und laut Umfragen wird diese Forderung von zwei Dritteln der schwedischen Wähler unterstützt.
In der Wahlplattform der Linkspartei wurde auf dem Parteitag darüber hinaus das Ziel der Verkürzung der Arbeitszeit bis hin zu einem Sechsstundenarbeitstag festgeschrieben. Auch diese zentrale Forderung war im Entwurf der Parteiführung nicht enthalten.
Die Vänsterpartiet wird sich dafür einsetzen, daß das Recht auf unbefristete Anstellung wieder zur grundlegenden Norm im Arbeitsleben wird und daß für Frauen ein Recht auf ein Vollzeit- und die Möglichkeit für ein Teilzeitarbeitsverhältnis geschaffen wird. Entgegen der EU-Rechtsprechung setzt sich die Partei für die Stärkung der Tarifautonomie und des Streikrechts und gegen die fortschreitende Verschlechterung des Arbeitsrechts ein. Allerdings werden ohne einen starken permanenten außerparlamentarischen Druck vor allem aus der Gewerkschaftsbasis die potentiellen Regierungspartner der Linken wohl kaum programmierte Konflikte mit dem überaus starken, zentralisierten Unternehmerverband durchkämpfen, zumal besonders die Umweltpartei in letzter Zeit nicht eben Positionen im Arbeiterinteresse eingenommen hat und Gewerkschaftsführungen auch unter der gegenwärtigen bürgerlichen Koalition eher auf weitere Zusammenarbeit mit den Unternehmern gesetzt haben.
Schwerpunkte für den Wahlkampf sollen außerdem der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und der Einsatz für die »beste Wohlfahrt in der Welt – ohne Gewinninteressen«, die Gleichstellung der Geschlechter sowie der Klimaschutz sein. Wenn das angestrebte Regierungsbündnis zustande kommt, will sich die Linkspartei u. a. dafür stark machen, daß ein Gesetz zum Schutz der persönlichen Integrität der abhängig Beschäftigten im Arbeitsleben auf den Weg gebracht und das Gesetz zur staatlichen Überwachung und Registrierung der elektronischen Kommunikation aufgehoben wird. Forderungen, die breite Zustimmung in der Bevölkerung finden werden.
Die Botschaft des Parteitages an die linken Wähler und die Sympathisanten der Partei lautet »Wir erwarten mehr von dir als deinen Wahlzettel«. Sie wird ergänzt durch das Bekenntnis des wiedergewählten Parteivorsitzenden Lars Ohly, auch und gerade als mögliche Regierungspartei enger mit Volksbewegungen, Organisationen und allen Menschen, die Veränderungen wollen, zusammenzuarbeiten.
* Aus: junge Welt, 12. Mai 2010
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