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Senegals Opposition formiert sich

Präsident Wade soll 2012 abgewählt werden

Von Claus-Dieter König, Dakar *

Die Partei der Unabhängigkeit und der Arbeit (PIT) in Senegal war wichtige Protagonistin beim Machtwechsel 2000. Der Regierung des Präsidenten Abdoulaye Wade hat sie freilich längst den Rücken gekehrt. Der fünfte Parteitag der PIT sollte die Weichen für die kommenden Wahlen stellen.

Was 2007 verpasst wurde, soll 2012 glücken: die Ablösung des Präsidenten Abdoulaye Wade. Die Partei der Unabhängigkeit und der Arbeit (PIT) spielt dabei eine wesentliche Rolle. Die PIT, die aus der Afrikanischen Partei der Unabhängigkeit hervorgegangen ist, die einst für die Unabhängigkeit Senegals und den Sozialismus kämpfte, hatte 2000 tatkräftig bei der »Wende« geholfen. Mit dem Wahlsieg Wades wurde damals der 19-jährigen Amtszeit Abdou Dioufs ein friedliches Ende gesetzt. Die PIT verließ die Regierung Wade jedoch bereits nach acht Monaten. Heute spielt sie eine wichtige koordinierende Rolle im Oppositionsbündnis Bennoo Siggil Senegaal.

Wade gewann trotz der bereits stark formierten Opposition die Präsidentschaftswahlen 2007 im ersten Wahlgang. Das Resultat beruhte laut Opposition auf Wählerbestechung und gefälschten Wählerlisten. Folglich boykottierten die Oppositionsparteien die Parlamentswahlen vier Monate später. Die Kommunalwahlen im vergangenen Jahr waren deshalb ein wichtiger Indikator, wie viel Unterstützung das Oppositionsbündnis in der Bevölkerung hat. Es gewann die wichtigsten Städte, zeigt aber im ländlichen Raum noch deutliche Schwächen.

Bis 2012 ist noch Zeit, an diesen Schwächen zu arbeiten. Über 1000 Delegierte fanden sich am Wochenende in Thiès zum Parteitag der PIT ein – dem ersten seit 1997. In seiner Eröffnungsrede warnte der scheidende Generalsekretär Amath Dansokho Präsident Wade davor, sein Projekt des Machterhalts für sich und seine Familie im Zweifel mit Gewalt durchzusetzen. Die Armee sei weiterhin eine nationale Armee und nicht eine Privatarmee Wades. Damit traf er einen empfindlichen Nerv der Bevölkerung Senegals, die Stolz darauf ist, dass das Land bislang keinen Militärputsch durchlebt hat.

Die Parteitagserklärungen machten deutlich, dass die PIT eine Partei im Wandel ist, gerade im Begriff, sich wieder eine Basis in der Bevölkerung zu schaffen. Der Aufbau von Basisgruppen in Stadtvierteln, Dörfern und Betrieben steht neben einer zuverlässig Beiträge zahlenden Mitgliedschaft im Mittelpunkt der organisatorischen Ziele. Gelingt dies, könnte das schon ein Alleinstellungsmerkmal unter den Parteien Senegals sein.

Bedeutend ist der Aufruf an die Organisationen und Parteien der politischen Linken, Beratungen über die Zusammenarbeit aufzunehmen. Die PIT könnte der organisatorische Kern einer klar links orientierten Sammlungsbewegung werden. Erste Initiativen in diese Richtung gibt es zwar, doch sind sie bislang ohne Beteiligung der PIT nicht ausreichend repräsentativ. Damit wird das Oppositionsbündnis Bennoo Siggil Senegaal, an dem zum Teil auch liberale Kräfte teilhaben, nicht in Frage gestellt. Dieses breite Bündnis ist notwendig, um den wortliberalen, aber praktisch klientelistisch-kleptokratischen Wade bei den nächsten Wahlen zu besiegen.

Amath Dansokho stellte zwar aus gesundheitlichen Gründen das Amt des Generalsekretärs zur Verfügung, als zentrale koordinierende Figur von Bennoo steht er – nun Ehrenpräsident der Partei – weiterhin zur Verfügung. Ein Vakuum hier wäre für die Opposition momentan schwer zu füllen.

Neuer Generalsekretär ist Prof. Maguette Thiam. Er steht für die Kontinuität des Kurses Dansokhos, die PIT theoretisch und praktisch als kommunistische Partei zu positionieren.

* Der Autor ist Leiter des Regionalbüros Westafrika der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Aus: Neues Deutschland, 27. Mai 2010



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