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EU plant Großeinsatz in Kosovo

Krisenmission soll Weg der Provinz in die Unabhängigkeit unterstützen


Die Europäische Union bereitet sich auf ihre bisher größte zivile Krisenmission vor, den Einsatz in Kosovo.

Brüssel (AFP/ND). Der »größte zivile Krisenmanagement-Einsatz aller Zeiten« solle den Weg der serbischen Provinz Kosovo in die Unabhängigkeit unterstützen, zitierte ein EU-Beamter am Mittwoch einen gemeinsamen Bericht des EU-Außenbeauftragten Javier Solana und des Erweiterungskommissars Olli Rehn. Die Mission werde vier Monate nach dem endgültigen Beschluss des UNO-Sicherheitsrats über die Zukunft Kosovos vollständig einsatzfähig sein, heißt es in dem Papier. Die Einsatzdauer soll demnach mindestens zwei Jahre betragen. Der Bericht soll den EU-Außenministern am Freitag bei ihrem Treffen in Bremen vorgelegt werden.

Die EU wird dem Bericht zufolge die Hauptlast des Übergangs zur Unabhängigkeit tragen. Insgesamt zwischen 1300 und 1500 Polizisten, Richter, Staatsanwälte und Zollbeamte sollen den Plänen zufolge für den Aufbau der Sicherheit und des Rechtsstaats eingesetzt werden. Die Polizei, darunter eine 450 Mann starke Anti-Aufruhr-Einheit, solle die kosovarische Polizei einerseits beraten und ausbilden, aber auch im Gelände unterstützen. Die NATO werde weiterhin militärisch präsent sein.

Die Kosten schätzt der Bericht auf 120 Millionen Euro pro Jahr, außerdem zwischen 50 und 90 Millionen Euro für die Vorbereitung. Die Ausgaben für den internationalen Beauftragten in Kosovo, der ebenfalls Europäer sein soll, werden auf 14 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Insgesamt ist dies nur ein kleiner Teil der insgesamt auf 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro geschätzten internationalen Kosten in Kosovo zwischen 2008 und 2010. Diese Summe enthält auch die Kosten für weitere Missionen in Kosovo sowie für die Unterstützung der Verwaltung Kosovos, für Infrastrukturmaßnamen und Investitionen. Aus welchen Mitteln die Finanzierung genau erfolgen soll, ist bislang unklar.

Bevor die EU-Mission in der bisher serbischen Provinz beginnen kann, muss sich allerdings der UNO-Sicherheitsrat auf die Zukunft Kosovos einigen. Nach 13-monatigen ergebnislosen Verhandlungen mit Serben und Kosovo-Albanern hatte der UNO-Vermittler Martti Ahtisaari dem Sicherheitsrat am Montag eine Unabhängigkeit der Provinz unter starker internationaler Überwachung vorgeschlagen.

Der Vertreter Russlands bei den Vereinten Nationen schlug derweil eine Reise des Sicherheitsrats in die serbische Hauptstadt Belgrad und nach Pristina in Kosovo vor. Das Gremium solle sich vor der Diskussion eines UNO-Plans zur Unabhängigkeit Kosovos »so schnell wie möglich« ein Bild von der Lage vor Ort machen, sagte Vitali Tschurkin während außerplanmäßiger Beratungen zu Kosovo in New York. Die Vetomacht Russland hatte den Vorschlag Ahtisaaris abgelehnt. Tschurkin forderte zudem eine Überprüfung der Kosovo-Resolution 1244 von 1999. Darin werden die Vereinten Nationen berechtigt, den politischen Prozess zur Bestimmung der Zukunft Kosovos zu unterstützen

* Aus: Neues Deutschland, 29. März 2007


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