Ein Jahr Machtteilung in Simbabwe
Die Lage hat sich gebessert, doch eine Wende gab es nicht
Von Georg Krase *
Im Februar 2009 kam nach monatelanger Verzögerung in Simbabwe eine Regierung der nationalen
Einheit zustande: Robert Mugabe blieb Präsident, Morgan Tsvangirai von der oppositionellen
Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) wurde Premierminister.
Rückkehr zur Demokratie, wirtschaftliche Erholung und normale Lebensbedingungen für Simbabwes
Bürger waren die erklärten Ziele der Regierung, die unter dem Druck afrikanischer Nachbarstaaten
gebildet wurde. Bis Ende 2010 soll eine neue Verfassung erarbeitet werden, die 2011 zur
Volksabstimmung gestellt wird. Wahlen sollen folgen. Ein Rückblick auf ein Jahr Einheitsregierung
zeigt indes die Zwiespältigkeit der Situation. Das ungleiche Team Mugabe-Tsvangirai hat zwölf
Monate lang eher schlecht als recht funktioniert. Nach den Jahren autokratischer Herrschaft Robert
Mugabes, begleitet von wirtschaftlichem Verfall, war das eine Verbesserung. Die politische Gewalt
hat dramatisch abgenommen, teilweise blutige Auseinandersetzungen wurden beendet. Auch die
Choleraepidemie - mit über 4000 Toten eine der schlimmsten in jüngster Zeit in Afrika - wurde nach
einigen Monaten überwunden.
Sichtbare Fortschritte gab es, als der hyperinflationäre Simbabwe-Dollar durch ausländische
Währungen (US-Dollar und südafrikanische Rand) ersetzt wurde. Die Inflationsrate sank auf
vergleichsweise geringfügige vier Prozent, Preise wurden stabilisiert, das Warenangebot deutlich
verbessert.
Die Wirtschaft nahm jedoch nur einen bescheidenen Aufschwung, da die Auslandshilfe noch nicht
das erhoffte Ausmaß angenommen hat. Kreditzusagen blieben selten. Auch eine Reise Tsvangirais
in den Westen änderte daran wenig. Zwar wurden Simbabwe Fortschritte zugestanden, doch
forderten potenzielle Geldgeber mehr Reformen. Immerhin flog erstmals wieder eine hochrangige
EU-Delegation nach Harare und sagte neben humanitärer Hilfe auch Unterstützung für den
Übergang zu. Aber die erhoffte massive finanzielle Hilfe blieb aus.
Ein Großteil der Bevölkerung lebt weiterhin in tiefer Armut. 2,7 Millionen Menschen benötigen - wie
schon seit Jahren - Nahrungsmittelhilfe. Nach wie vor verlassen zahlreiche Simbabwer das Land,
vor allem in Richtung Südafrika. In der verfahrenen Bodenfrage gibt es wenig Neues. Von ehemals
4500 Großfarmen sind noch 300 im Besitz weißer Eigentümer, erst unlängst wurde von neuen
Landbesetzungen und Attacken gegen Farmer berichtet.
Mugabe und Tsvangirai geben sich zwar optimistisch. Der Premierminister meint, gemeinsam sei
man zum Erfolg oder zum Scheitern verurteilt. Doch das tiefe Misstrauen zwischen beiden bleibt,
hinter den Kulissen dauert der Machtkampf an. Gestritten wird um die Ernennung von
Provinzgouverneuren, die Nominierung des Chefs der Zentralbank und des Generalstaatsanwalts.
Die Sicherheitskräfte befinden sich weiter unter Kontrolle des Präsidenten. Mit der Erarbeitung einer
neuen Verfassung ist man inzwischen bereits ein halbes Jahr im Verzug.
Tatsache ist, dass der fast 86-jährige Robert Mugabe die Macht bisher nicht aus der Hand gegeben
hat. Die Meinungsäußerungen zum Jahrestag der Einheitsregierung sind denn auch zurückhaltend
oder skeptisch, offizielle Feierlichkeiten gibt es nicht. Auch wenn die Lage sich gebessert hat, kann
von einer Wende in Simbabwe bisher keine Rede sein.
* Aus: Neues Deutschland, 11. Februar 2010
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