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Staatsmacht im Bergbau

Simbabwes Regierung baut Kontrolle aus

Von Christian Selz, Kapstadt *

Eine Verneunfachung der Kohleproduktion, eine 500prozentige Steigerung der Goldförderung und Zuwächse um 72 Prozent im Diamantenbergbau sowie 50 Prozent bei Platin – Simbabwes Finanzminister Tendai Biti zeichnete in seiner Haushaltsrede zuletzt ein rosiges Bild vom Rohstoffpotential seines Landes. Die Zahlen stammen aus einer Studie der Weltbank und belegen den beginnenden Aufschwung in Simbabwes Bergbauindustrie. Das Hauptaugenmerk der Regierung liegt dabei auf der bereits relativ gut entwickelten Diamanten- und Platinförderung, zwei Branchen, in denen sie selbst immer stärker involviert ist. Mit staatlichen Investmentfirmen und einem Indigenisierungsgesetz, das eine simbabwische Mehrheitsbeteiligung an Bergbauunternehmen vorschreibt, will das Land künftig stärker vom eigenen Rohstoffreichtum profitieren.

Den Durchbruch verschaffte der Regierung von Präsident Robert Mugabe (ZANU-PF) ausgerechnet der weltweit größte Platinproduzent Anglo American Platinum (Amplats). Als erster großer Bergbauinvestor verkaufte der Konzern Anfang November zähneknirschend 51 Prozent seiner Unki-Mine an simbabwische Teilhaber. Die Konditionen waren dabei für den Branchenriesen durchaus ungünstig. Analysten schätzen den Verkaufspreis weit unter Marktwert ein, zudem fließt kein tatsächliches Kapital an Amplats, weil die neuen Besitzer – zehn Prozent der Mine gehören nun den dort beschäftigten Arbeitern, zehn Prozent einem Trust der Gemeinschaft, weitere zehn Prozent unbekannten lokalen Investoren und die restlichen 21 Prozent dem staatlichen Indigenisierungsfonds – ihre Beteiligungen nur langfristig über auszuschüttende Dividenden aus dem Minenbetrieb abbezahlen. Es verwundert kaum, daß Unternehmer und deren Lobbyisten deshalb vor ausbleibenden Investitionen warnten.

Doch die Schwarzmalerei ist bereits widerlegt, und wieder ist Amplats federführend beteiligt. 400 Millionen US-Dollar (310 Millionen Euro) will das Unternehmen in die Erschließung einer weiteren Platinmine investieren, wie Amplats’ Finanzgeschäftsführer für Simbabwe, Colin Chibafa, vor zwei Wochen ankündigte. »Schwer zu verstehen«, findet das die Financial Times, doch offensichtlich sind die Gewinnaussichten in Simbabwe hoch genug, um das Geschäft noch immer profitabel zu machen. Eine gewichtige Rolle dürften dabei auch die monatelangen Streiks im südafrikanischen Bergbau spielen, die Amplats heftige Förderverluste einbrachten. Die beiden Länder haben gemeinsam knapp 90 Prozent der globalen Platinreserven, doch Simbabwe verspricht niedrigere Lohnkosten und mit dem Wiedererstarken der autoritären Regierung Mugabes – und deren Teilhabe an den Profiten – vor allem mehr Sicherheit vor Arbeitskämpfen.

Hinzu kommt der Aufschwung im Diamantenhandel. Ohne daß Simbabwe den Transparenzforderungen des Kimberley-Prozesses, der nahezu weltweit die Produktionsbedingungen der Edelsteine überwacht, nachgekommen war, erlaubte dieser im November 2011 die Wiederaufnahme des Diamantenexports. Südafrikas Bergbauministerin Susan Shabangu ließ darüber hinaus wenig Zweifel daran, daß noch bestehende Sanktionen gegen simbabwische Diamanten abgebaut würden, sobald ihr Land Anfang 2013 den Vorsitz der Organisation übernimmt. Südafrika ist ebenfalls stark an der Industrie im Nachbarland beteiligt.

Simbabwe profitiert von den neuen Möglichkeiten und gesteigerten internationalen Gewinninteressen, doch es bleibt die Frage, wie sehr der Aufschwung bei der Bevölkerung ankommt. »Die Diamantenproduktion darf nicht von einer räuberischen Elite beherrscht werden, die in Kollaboration mit Minenunternehmen für ihren eigenen Profit wirtschaftet«, warnte deshalb der ehemalige südafrikanische Präsident Thabo Mbeki. Simbabwes Finanzminister Tendai Biti bestätigt solche Befürchtungen. Lediglich ein Viertel der kalkulierten Einnahmen aus dem Diamantenabbau habe die Staatskasse im vergangenen Jahr tatsächlich erhalten, beklagte der MDC-T-Politiker. Dem Koalitionspartner ZANU-PF warf er vor, aus den Diamantenverkäufen den im kommenden Jahr anstehenden Wahlkampf zu finanzieren.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 29. November 2012


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