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Simbabwe hat kein Geld für Wahlen

Finanzminister zählt 217 Dollar in seiner Kasse

Von Markus Schönherr, Kapstadt *

Simbabwe ist zahlungsunfähig, sagt zumindest Finanzminister Tendai Biti. Für die bevorstehenden Wahlen muss sich das Land im Süden Afrikas nun an Geberstaaten wenden.

»Die Staatsfinanzen sind komplett gelähmt«, sagte Tendai Biti am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Harare. In der Staatskasse befänden sich noch exakt 217 US-Dollar, nachdem man den Beamten ihr Gehalt gezahlt habe.

Mit der Wirtschaft Simbabwes geht es seit Mitte vergangenen Jahres zwar leicht bergauf, von Normalität ist man jedoch weit entfernt. Im Juli 2009 hatte das staatliche Statistikamt eine Hyperinflation von 231 Millionen Prozent errechnet, die sich über ein Jahrzehnt angestaut hatte. Scheine im Nennwert von 50 Milliarden Simbabwe-Dollar waren in Umlauf, ehe Bitis Vorgänger den US-Dollar als Zahlungsmittel einführte.

Für den Kollaps machen Ökonomen neben Korruption und Misswirtschaft auch die Landreformen von Präsident Robert Mugabe verantwortlich. Seit den späten 90ern beschlagnahmt die Regierung das Land weißer Farmer, um die Ungerechtigkeit der britischen Kolonialherrschaft zu beseitigen und schwarze Bauern zu fördern. Tatsächlich aber geriet der Großteil des Bodens in die Hände unerfahrener und raffgieriger Anhänger der Regierungspartei ZANU-PF. Einst als »Brotkorb des südlichen Afrikas« bekannt, ist Simbabwe heute von Importen aus den Nachbarstaaten Sambia und Südafrika abhängig.

Mugabe, einer der Führer des Kampfes gegen das Kolonialregime, beherrscht Simbabwe inzwischen seit 32 Jahren. Nach umstrittenen Wahlen und blutigen Machtkämpfen im Jahre 2008 teilen sich seine ZANU-PF und die oppositionelle Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) die Regierung. Die MDC gibt sich vor Neuwahlen zwar siegessicher, doch der Kern der Unabhängigkeitsveteranen steht fest zu Mugabe. Jonathan Nkanyezi, ranghohes ZANU-PF-Mitglied, schwor dem Präsidenten erst diese Woche wieder die Treue, »selbst wenn er an den Rollstuhl gebunden wäre«. Mugabe feiert im Februar seinen 89. Geburtstag und leidet Gerüchten zufolge an Krebs. Willy Pabst, ein deutscher Unternehmer in Simbabwe, sagt im Gespräch: »Ich denke nicht, dass die Opposition allein regieren wird. Aber die Hoffnung ist groß, dass nach Mugabes Tod endlich der progressive Teil der ZANU-PF an die Macht kommt.«

In der vergangenen Woche einigten sich die Koalitionspartner immerhin auf eine neue Verfassung. Die Amtszeit des Präsidenten, mit beschränkten Vollmachten, wird darin auf zehn Jahre begrenzt. Doch soll das nicht rückwirkend für Mugabe gelten. Im März soll das Volk über die Verfassungsänderung abstimmen, ab August werden die Wahlen erwartet. Für beide Abstimmungen ist aber laut Finanzminister Biti kein Geld vorhanden. Die Kosten beliefen sich auf 192 Millionen US-Dollar. Am Dienstag gab Biti bekannt: »Wir werden uns an die internationale Gemeinschaft wenden.«

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 31. Januar 2013


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