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Köstlicher Saft statt stinkendem Abfall

Mit selbst hergestelltem Trockenobst, Marmelade und Saft wird in Simbabwe der Hunger bekämpft

Von Nora Matassassa, Mutare *

Überfluss ist in Simbabwe selten. Doch in der Erntezeit fällt in den Anbauregionen mehr Obst an, als unmittelbar verwendet werden kann. Das Konservierungsprojekt von E-Africa stieß deshalb auf offene Ohren.

Der erste Besuch in Marange, einem Projektgebiet von Environment Africa, liegt schon mehrere Jahre zurück. Es war im Dezember und der Geruch fauliger Mangos, Pfirsichen und Pflaumen lag in der Luft. »Jedes Jahr um diese Zeit haben wir große Mengen an Obst, die wir nicht vollständig essen oder verkaufen können. Was übrig bleibt, verfault einfach. Drei Monate später hingegen gibt es kaum noch was«, sagt eine der Frauen, die uns durch das Projekt führt. »Dann beginnt das Warten auf die Mais- und Hirse-Ernte. Das ist für uns eine schwierige Zeit und wir denken oft an den vergangenen Überfluss, und dass wir ihn nicht nutzen konnten«. »Warum eigentlich nicht?«, fragten wir uns und haben gemeinsam überlegt, welche Möglichkeiten sich anbieten würden, um das Problem zu lösen.

Wir kamen zu dem Schluss, dass man entweder Trockenobst herstellen könnte oder das Obst zu Marmelade und Säften einkocht. Gesagt – getan. Mit 34 experimentierfreudigen Bauern starteten wir einen ersten Versuch, auf dem »Lagerfeuer« (so nennen wir den primitiven Herd im hiesigen Projekt) Marmelade einzukochen. Am zweiten Tag bauten wir dann vor Ort einfache Solartrockner auf, die am dritten Tag schon ausprobieren werden konnten. Von überall her mussten dann Marmeladengläser zusammengesammelt, sortiert und sterilisiert werden. Auch die Auswahl der Früchte, das Waschen und Schneiden musste erlernt und präzise eingehalten werden, damit die Lebensmittel später auch ohne Kühlung haltbar sind. Im Zeichen der jüngsten simbabwischen Katastrophe, der Choleraepidemie, ist die Einhaltung von Hygienemaßnahmen besonders wichtig.

Die Initiative wurde ein voller Erfolg. Unsere Farmer versuchen sich jetzt im Einkochen einheimischer Früchte, zum Beispiel Marula (das ist die Frucht, die in Walt Disneys Film »Die Wüste lebt« die Elefanten betrunken machte), Papayas und Mangos. Die Methode ist in unseren Projektgebieten mittlerweile gut bekannt und wird oft an Nachbarn und Freunde weitergegeben.

Marmelade und Säfte gehören schon seit einiger Zeit zu den Dingen, die sich die Mehrzahl der Menschen in Simbabwe nicht mehr leisten können. Da sind selbst hergestellte Waren eine willkommene Abwechslung. Unsere ambitionierten Pläne, die lokal hergestellten Produkte in städtischen Supermärkten anzubieten und damit alternative Einkommensmöglichkeiten zu schaffen, stießen aber auf Grenzen, die vor allem dem wirtschaftlichen Verfall des Landes geschuldet sind: Die Herstellung von Marmeladengläsern wurde vollständig eingestellt, es gab über lange Zeiträume keinen Zucker, der für die Konservierung notwendig ist, die Inflation engt die finanziellen Spielräume unendlich ein, Transport und Kommunikation sind dem Kollaps nahe. Kurzum, das Agieren wird ständig schwieriger, erzielte Erfolge werden oft durch Rückschläge neutralisiert.

Doch ein Glaube zeichnet uns alle aus in Simbabwe: »Wir schaffen es!«. In diesem Sinne arbeiten wir bei Environment Africa weiter daran, aus Initiativen zur Ernährungssicherung in der Zukunft mehr zu machen und zur Verbesserung der Lebensbedingungen in Simbabwe beizutragen.

* Aus: Neues Deutschland, 10. Januar 2009


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