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Zimbabwe isoliert - Afrikanische Union geht auf Distanz

Mugabe zum Präsidenten vereidigt - Kritik des UN-Generalsekretärs (im Wortlaut)

Die Auseinandersetzungen um die Stichwahl in Zimbabwe gehen weiter - sowohl im Land als auch international. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon gab am 30. Juni eine kritische Erklärung ab; die afrikanischen Staaten fordern Mugabe auf, eine Regierung der Einheit zu bilden.



Mugabe vereidigt, aber isoliert

Südafrikanische Staatenunion bezeichnet Wahl in Simbabwe als weder fair noch frei *

Die Präsidentenwahl in Simbabwe spiegelt nach Ansicht afrikanischer Wahlbeobachter nicht den Willen des Volkes wider. Zu diesem Ergebnis kam nach den Beobachtern des Panafrikanischen Parlaments am Sonntag auch die Gruppe des regionalen südafrikanischen Staatenbundes SADC.

Die Präsidentenwahl in Simbabwe war nach Ansicht afrikanischer Beobachter angesichts von Gewalt und Schikanen weder fair noch frei. Als letzte Gruppe äußerte sich am Montag der Beobachtertrupp der Afrikanischen Union (AU) in Harare. »Es ist die Ansicht der AU-Beobachtermission, dass der Wahlprozess nicht den Standards der Afrikanischen Union entsprach«, heißt es in einer Erklärung der Gruppe. Allerdings sei sie ermutigt durch die Tatsache, dass beide Seiten Bereitschaft zum konstruktiven Dialog zeigten. Bereits zuvor waren Beobachter des Panafrikanischen Parlaments sowie die Gruppe des regionalen südafrikanischen Staatenbundes SADC zu ähnlichen Einschätzungen gekommen.

Die Stichwahl, zu der Präsident Robert Mugabe nach dem Rückzug von Oppositionschef Morgan Tsvangirai als einziger Kandidat angetreten war, »repräsentierte nicht den Willen der Bevölkerung von Simbabwe«, betonte die SADC. Schon bei dem von Gewalttaten gegen Oppositionelle überschatteten Wahlkampf sei gegen demokratische Prinzipien und auch gegen SADC-Richtlinien verstoßen worden. Dadurch sei der Abstimmung die Glaubwürdigkeit genommen worden. Außerdem seien Mitglieder der 400 Mann starken SADC-Gruppe bei ihrer Beobachtertätigkeit behindert worden, hieß es. Wie die Kommission weiter mitteilte, hätten auf einigen der als ungültig gewerteten Wahlzettel Sätze wie »Gott schütze dieses Land«, »Lasst uns freie und faire Wahlen abhalten« oder »Nein zur Diktatur!« gestanden.

Afrikanische Staaten sollten nach Ansicht des britischen Premierministers Gordon Brown die Einsetzung einer neuen Regierung in Simbabwe fordern. Sie müssten nachdrücklich eine politische Wende in dem Land verlangen, erklärte Brown am Montag in London. Bei ihren Begegnungen mit Mugabe während des Gipfels der AU in Ägypten sollten die Afrikaner »absolut klar machen, dass es Veränderungen geben muss».

Aus aller Welt komme »die Botschaft, dass die sogenannte Wahl nicht anerkannt wird«, betonte Brown, der zugleich die sofortige Beendigung von Gewaltakten zur Einschüchterung von politischen Gegnern des Mugabe-Regimes forderte. Der Premierminister stellte »substanzielle« Hilfe für den Wiederaufbau Simbabwes nach der Herstellung demokratischer Verhältnisse in Aussicht.

Auch die EU-Kommission hat die Präsidentenwahl in Simbabwe scharf kritisiert. Entwicklungshilfekommissar Louis Michel ließ am Montag in Brüssel erklären: »Es ist unmöglich, die Rechtmäßigkeit des Ergebnisses dieser Wahl anzuerkennen.« Es sei nur um den Machterhalt von Robert Mugabe gegangen.

US-Präsident George W. Bush kündigte verschärfte Sanktionen an und forderte entschlossene Schritte der Vereinten Nationen sowie ein Waffenembargo. Er sprach von »gefälschten Wahlen«.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte der Zeitung »Die Welt« am Montag: »Der letzte Wahlgang in Simbabwe war eine Farce.« Sie erwarte, dass die Afrikanische Union Konsequenzen ziehe, und werde sich zudem für eine Verschärfung der EU-Sanktionen gegen Mugabe und seine Unterstützer einsetzen. »Das Leiden der Bevölkerung, die unter dem Willkürregime Mugabes unsägliche Opfer gebracht hat, muss ein Ende finden.«

Der 84 Jahre alte Mugabe hatte sich am Sonntag zum Sieger der Wahl erklären lassen und war kurz darauf für fünf weitere Jahre im Amt vereidigt worden.

* Aus: Neues Deutschland, 1. Juli 2008

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon bezeichnet Präsidentschafts-Stichwahl in Simbabwe als nicht rechtmäßig

Die folgende Erklärung wurde von der Sprecherin des Generalsekretärs veröffentlicht:

Der Generalsekretär unterstützt die Haltung, die der Präsident des Sicherheitsrats ausgedrückt hat. Dieser hatte die Entscheidung der Regierung Simbabwes bedauert, mit der Präsidentschaftswahl fortzufahren. Der Generalsekretär hat wiederholt dargelegt, dass die Bedingungen für einen freien und fairen Urnengang nicht gegeben sind. Wahlbeobachter haben bestätig, dass der Wahlprozess voller Fehler ist. Das Ergebnis gibt nicht den wirklichen Willen des simbabwischen Volkes wieder und ist nicht rechtmäßig.

Der Generalsekretär fordert beide Seiten dazu auf, über eine politische Lösung zu verhandeln, um Gewalt und Einschüchterung zu beenden. Er unterstützt die Bemühungen der Afrikanischen Union und der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC), ein Abkommen zu erreichen, das vom Volk Simbabwes akzeptiert wird. Die stellvertretende UNO-Generalsekretärin und der Gesandte des Generalsekretärs, Haile Menkerios, nehmen am Gipfel der Afrikanischen Union teil und stehen bereit, um jegliche Hilfe zu leisten, damit dieses Ergebnis zustande kommt.

Tokio, Japan
30. Juni 2008

Quelle: Deutsche Website der UNO; www.unric.org



Gerüchte aus Südafrika

Angeblich steht Einigung über »Einheitsregierung« in Simbabwe bevor. Afrika-Gipfel beendet

Von Raoul Wilsterer **

Die Afrikanische Union (AU) beendete am Dienstag (1. Juli) ihren Jahresgipfel. An dessen zweiten Tag behandelten die Vertreter der 53 Mitgliedsländer, meist deren Staats- und Regierungschefs, doch noch das Wasserproblem, das ursprünglich im Zentrum hatte stehen sollen: Vor allem im subsaharischen Teil des Kontinents ziehen Mangel oder Verschmutzung die Erkrankung oder den Tod Hunderttausender nach sich. Ob diesbezüglich im ägyptischen Scharm el Scheich Auswege aus der Krise aufgezeigt werden konnten, war zunächst (bei jW-Redaktionsschluß) nicht bekannt.

Lediglich zum Thema »Somalia« beschloß die AU Konkretes: Demnach soll der militärische Einsatz ihrer Truppe für Somalia (AMISOM) um sechs Monate bis Mitte Januar 2009 verlängert werden. Wie effektiv der Einsatz von AU-Soldaten allerdings ist, bleibt unklar. Bisher liegt die erreichte Truppenstärke, statt wie vorgesehen bei 8000 erst bei 2500 Mann. Diese werden von Uganda und Burundi gestellt, während sich zugleich ohne Legitimation auch über 1000 äthiopische Besatzer in dem Land am Horn von Afrika aufhalten.

Das Thema Simbabwe spielte, nachdem es am ersten Tag vor allem wegen den Reaktionen auf die Anwesenheit von Präsident Robert Mugabe im Mittelpunkt des Interesses gestanden hatte, nur noch am Rande eine Rolle. Vorgesehen war, daß in der Abschlußerklärung des AU-Gipfels allgemein der Gewalt in dem südostafrikanischen Staat eine Absage erteilt werden sollte.

Am Rande des Gipfels stellte sich erneut die Frage, wer zukünftig Simbabwe regieren soll – im Parlament verfügt die oppositionelle MDC (Bewegung für einen demokratischen Wandel) laut Ergebnis der März-Wahlen über eine Mehrheit. Den Präsidenten indes stellt die derzeit regierende ZANU-PF. Einem Bericht der südafrikanischen Zeitung Business Today zufolge steht Südafrika als Vermittlerin zwischen simbabwischer Regierung und Opposition kurz davor, die Konfliktparteien von einer »Einheitsregierung zu überzeugen«. Ein Sprecher von Präsident Thabo Mbeki wollte den Bericht nicht kommentieren und räumte lediglich ein, daß mit beiden Seiten Gespräche geführt würden.

In Scharm el Scheich verbat sich derweil Mugabes Sprecher George Charamba jegliche Einmischung aus dem Ausland und verurteilte zugleich Sanktionsdrohungen des Westen, speziell der USA und Großbritanniens. Am Montag hatte die rechtskonservative italienische Regierung aus »Protest gegen das Regime« ihren Botschafter »vorerst« aus Harare abgezogen – verbunden mit der Aufforderung an die übrigen 26 EU-Mitgliedsstaaten, es ihr gleich zu tun. Auch die MDC zeigte sich am Dienstag erneut wenig kompromißbereit. Deren Nummer zwei, Generalsekretär Tendai Biti, meinte in Harare, der Ablauf der zweiten Wahlunde am vergangenen Freitag habe »jede Aussicht auf eine Verhandlungslösung zerstört«.

** Aus: junge Welt, 2. Juli 2008

Letzte Meldung

AU setzt auf Regierung der nationalen Einheit in Simbabwe



Nach dem Eintreten der Afrikanischen Union (AU) für eine Regierung der nationalen Einheit in Simbabwe ist die tatsächliche Reichweite der Resolution ungewiss. Die Staatenlenker der AU einigten sich am Ende ihres Gipfeltreffens im ägyptischen Scharm el Scheich nach Diplomantenangaben auf einen Entschluss, der Präsident Robert Mugabe und Oppositionsführer Morgan Tsvangirai zu einem "Dialog für Frieden und Stabilität" aufruft. Der Text blieb allerdings deutlich hinter den Forderungen einiger Mitgliedstaaten zurück. Der französische EU-Vorsitz machte deutlich, dass eine Einheitsregierung nur unter Tsvangirai möglich sei. Anzeige

Nach Angaben eines AU-Vertreters, der namentlich nicht genannt werden wollte, besteht die Resolution aus drei zentralen Punkten: dem Dialog zwischen Mugabes Partei ZANU-PF und Tsvangirais Bewegung für einen demokratischen Wandel (MDC), der Bildung einer Regierung der nationalen Einheit sowie der Unterstützung der Vermittlungsbemühungen der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC). Der Text gehe allerdings nicht näher auf die Verteilung der Macht in einer möglichen Einheitsregierung ein.

Hinter verschlossen Türen hätten die afrikanischen Staats- und Regierungschefs jedoch "sehr lebhaft und offen" diskutiert, sagte der AU-Vertreter. Botsuana forderte den Ausschluss Simbabwes aus der AU und der SADC. Nigeria und der Senegal wollten, dass die Einheitsregierung auf der Basis der ersten Wahlrunde von Ende März gebildet wird.

Der senegalesische Präsident Abdulaye Wade sagte im französischen Radiosender RFI, dass sich Mugabe in Gesprächen uneinsichtig gezeigt habe. Mugabe sei derzeit nicht in der Verfassung, eine Machtteilung mit Tsvangirai zu akzeptieren, sagte Wade.

In der simbabwischen Hauptstadt Harare sagte MDC-Sprecher Nelson Chamisa, seine Partei werde die Resolution genau prüfen und sich erst dann dazu äußern. MDC-Generalsekretär Tendai Biti hatte zuvor erklärt, die "gefälschte" Präsidentschaftswahl habe alle Aussichten auf eine Teilung der Macht zwischen ZANU-PF und MDC zunichte gemacht.

"Die Europäische Union wird keine andere Regierung als eine Regierung von Herrn Tsvangirai akzeptieren", sagte der französische Außenminister Bernard Kouchner dem Fernsehsender France 2. Die Ratspräsidentschaft und die EU-Kommission seien sich darin einig, dass eine andere Staatsführung, die nicht das Ergebnis der ersten Runde der Präsidentschaftswahl vom 29. März berücksichtige, "unrechtmäßig" sei, fügte er hinzu.

Quelle: AFP, 2. Juli 2008




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