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Dreikampf um Simbabwe

Mugabe kandidiert erneut um Präsidentschaft - diesmal gegen zwei Konkurrenten. Auch Parlament und Kommunalvertratungen werden am Samstag neu gewählt

Von Gerd Schumann *

Ein lebhafter, äußerst kontroverser und - vielleicht deswegen - international wenig beachteter Wahlkampf in Simbabwe geht seinem Ende entgegen. Am morgigen Samstag (29. März) wird in dem südostafrikanischen Land abgestimmt. Etwa 5,9 Millionen der insgesamt 13 Millionen Einwohner haben sich in die Wählerlisten eingetragen -- 300 000 mehr als vor drei Jahren. Vor allem aus den großen Städten Harare (1,4 Millionen Einwohner) und Bulawayo (knapp 700000) war zu hören, daß es einen ungewöhnlich starken Andrang in den Registrierungsbüros gegeben habe. Der Grund hierfür sei das »offene Rennen« um die Präsidentschaft. Standen sich bei den Wahlen vom März 2002 lediglich Präsident Robert Mugabe, damals bereits seit vier Perioden im Amt, und Oppositionsführer Morgan Tsvangirai von der MDC (Movement for a Democratic Change) gegenüber, so kam diesmal ein dritter Bewerber hinzu: Simba Makoni.

Der 58jährige Makoni hielt sich bis zuletzt mit polemischen Angriffen gegen seine Konkurrenten merklich zurück, während sich die beiden anderen Kandidaten nicht schenkten. Tsvangirai bezichtigte Mugabe auf seinen Meetings bereits im Vorfeld mehrfach der Wahlfälschung und prophezeite, daß der Präsident auf keinen Fall freiwillig abtreten werde. Gewalt sei programmiert. Mugabe konterte, Tsvangirai sei eine »britische Marionette«, die MDC-Führer und deren Hintermänner in westlichen Hauptstädten allesamt »Lügner«. »Sie sagen niemals die Wahrheit über uns, nicht in Downing Street 10, nicht in Washington«, so Mugabe am Mittwoch abend im Nyanga Country Club. Zuvor hatte er im Stadion von Mutare, der Grenzstadt zu Moçambique, England und Australien vorgeworfen, sie hätten die Opposition mit weit über 20 Millionen Dollar gesponsert.

Makoni argumentierte dagegen eher sachlich, setzte angesichts der ökonomisch wie sozial katastrophalen Lage darauf, bei den Millionen Unzufriedenen mit dem Argument zu »punkten, die marode Wirtschaft des Landes wieder anzukurbeln« (AP, 27.3.). Formal ist der Kandidat ein »Unabhängiger«, doch gehörte er bis zu seinem Ausschluß Anfang Februar 2008 der aus den ehemaligen Befreiungsbewegungen ZANU und ZAPU hervorgegangenen Regierungspartei ZANU-PF an, war zwischen 2000 und 2002 Minister für Finanzen und Ökonomische Entwicklung und wurde seinerzeit wegen politischer Differenzen entlassen. Vielen im Land gilt er als Hoffnungsträger, der den in die Jahre gekommenen Mugabe (geboren 1924) ablösen könnte. Unterstützung erhält er sowohl von unzufriedenen Mitgliedern und Kadern aus der ZANU-PF, als auch von einem kleinen Teil der oppositionellen MDC um Arthur Mutambara.

Die MDC-Mehrheit dagegen unterstellt dem »Frischling« Makoni, der erst Anfang Februar seinen Anspruch auf das Amt angemeldet hatte, er trete lediglich an, um die Gegnerschaft Mugabes zu spalten -- und also der »wirklichen Opposition« Stimmen zu nehmen. Dieses könne entweder dazu führen, daß Mugabe bereits im ersten Wahlgang die notwendige absolute Mehrheit aller abgegebenen Stimmen erhalte; oder aber, daß sich Tsvangirai gar nicht erst für die Stich­abstimmung qualifiziert. Ob das von einschlägigen Kreisen des Westens besonders bedauert würde, darf bezweifelt werden: Deren Unzufriedenheit ob der in der Vergangenheit häufig unentschlossenen Haltung »ihres« Kandidaten ist latent und schlug in Unmut um, als sich Tsvangirai nicht bemühte, die Anti-Mugabe-Kräfte zu einen. Makoni, ehemaliger Sekretär der südafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft SADC, könnte folglich durchaus auch im Westen auf offene Ohren stoßen.

Das wissen seine Unterstützer in Simbabwes Regierungspartei. Offen an Makonis Seite stellten sich bisher ein ehemaliger Innenminister sowie ein früherer Parlamentssprecher. Vermutet wird, daß sich unter den heimlichen Stützen des Politikers Solomon Mujuro, ehemals Armee-Oberbefehlshaber, befindet -- ein nicht nur in den Streitkräften, sondern inzwischen auch wirtschaftlich einflußreicher Mann. Ihn verbindet mit anderen mutmaßlichen Makoni-Freunden auch der Unmut über die weitgehenden Isolierung des Landes von seiten des Westens. Aber sicherlich spielen auch persönliche Ambitionen eine wichtige Rolle.

Favorisiert bei den Wahlen bleiben der Autokrat Mugabe und seine ZANU-PF. Bisher, so Beobachter, habe der ehemalige Guerillaführer im Kampf gegen das britische Kolonialsystem -- Mugabe saß zehn Jahre im Gefängnis (1964--1974) -- Wahlniederlagen zu vermeiden gewußt. Bei vergangenen Urnengängen war immer wieder von Unregelmäßigkeiten die Rede. Ob es am Samstag, wie von der SADC verlangt, bei der Abstimmung über Präsidentschaft, Parlament, Kommunalräte »frei und fair« zugeht? Die Nachbarländer haben Beobachter geschickt. Und Mugabe erklärte: Er zumindest werde das Ergebnis akzeptieren (The Herald, 27.3.).

** Aus: junge Welt, 28. März 2008


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