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US-Angriff in Somalia

Zwei Al-Schabab-Mitglieder getötet. Regierung schließt unabhängigen Sender

Von Knut Mellenthin *

Mindestens zwei Mitglieder der somalischen Rebellenorganisation Al-Schabab sollen am Montag im Südosten des Landes bei einem Raketenangriff getötet worden sein. Nach Angaben der New York Times, die sich auf anonyme Vertreter des Pentagon berief, soll es sich um eine Aktion der zentralen Kommandostelle für Spezialoperationen der US-Streitkräfte gehandelt haben. Ob dabei ein unbemannter Flugkörper im Einsatz war, ist ungewiß. Offizielle US-Stellen machten, wie üblich, absolut keine Angaben, weder zur Militäraktion selbst noch zu deren Zwecken und Ergebnissen. Anscheinend befanden sich die Al-Schabab-Mitglieder auf der Fahrt nach Baraawe, als ihr Fahrzeug getroffen wurde. Die von den Rebellen kontrollierte Hafenstadt war Anfang dieses Monats Schauplatz einer amerikanischen Kommandoaktion. Die Angreifer, die offenbar einen Kommandeur der Islamisten gefangennehmen und verschleppen sollten, zogen sich erfolglos zurück, als sie auf unerwartet starke Gegenwehr stießen.

Eines der Todesopfer und mutmaßliches Hauptziel des Angriffs vom Montag soll ein Mann namens Ibrahim Ali Abdi gewesen sein. Somalias Innenminister Abdikarim Hussein Guled behauptete, der Getötete sei Initiator und Organisator mehrerer Selbstmordanschläge gewesen. Das Ministerium versuchte zugleich, den Eindruck zu erwecken, die Militäraktion der USA sei durch lange Observationen des somalischen Geheimdienstes ermöglicht worden. Das ist angesichts der Inkompetenz aller somalischen Dienststellen jedoch unwahrscheinlich. Ungewiß ist darüber hinaus, ob Abdi wirklich ein »ranghoher Drahtzieher« war oder, wie auch behauptet wird, zumindest Spezialist für das Bauen von Bomben und Sprengstoffgürteln. Über den zweiten Toten ist überhaupt nichts bekannt. Vermutlich war er einfach nur ein Fahrer, auch wenn er in einigen Medien gleichfalls für »hochrangig« erklärt wird.

Kritische Medien, die das hinterfragen könnten, werden derweil immer rarer in Somalia. International fast völlig unbeachtet ließ Innenminister Guled am Samstag den unabhängigen Sender Shabelle schließen. Eine Hundertschaft der ihm unterstellten Politischen Polizei besetzte das Gelände des Senders und nahm alle anwesenden 36 Journalisten zunächst fest. Dabei soll es zu Mißhandlungen gekommen sein, genannt werden Schläge und Stöße mit Gewehrkolben. Alle Verhafteten, einschließlich des Direktors von Shabelle, wurden sechs bis sieben Stunden später freigelassen, nachdem mehrere Parlamentsabgeordnete zu ihren Gunsten interveniert hatten. In der Zwischenzeit waren nicht nur sämtliche technischen Geräte, sondern auch das gesamte Archivmaterial, Aktenordner ebenso wie Bild-, Ton- und Datenträger weggeschafft worden. Die Polizeiaktion wird damit begründet, daß das Gelände und die Gebäude, in denen der Sender untergebracht war, dem Staat gehören. Mit einem Schreiben vom 20. Oktober war Shabelle aufgefordert worden, das Anwesen innerhalb von fünf Tagen zu räumen. Dagegen verweist der Sender auf einen 2010 mit der damaligen Übergangsregierung geschlossenen Vertrag. Der garantiert, daß Shabelle die Gebäude bis 2015 nutzen kann, sofern die Sendergesellschaft in deren Renovierung investiert. Dies ist in großem Umfang geschehen. Über einen gerichtlichen Räumungstitel verfügt das Innenministerium offenbar nicht.

Shabelle war bisher, mit über einer Million Hörern in einem Land mit ungefähr zehn Millionen Einwohnern, der wichtigste regierungskritische Sender. Viele Journalisten hatten aus Sicherheitsgründen auch auf dem Gelände gewohnt, das in der besonders stark geschützten Zone von Mogadischu liegt. Im vorigen Jahr wurden in Somalia 18 Journalisten ermordet. Allein Shabelle hat seit 2007 zehn Kollegen durch Attentate verloren.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 30. Oktober 2013


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