Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

"Versöhnung" erneut vertagt

Somalische Opposition: Keine Konferenz, solange sich äthiopische Truppen in Mogadischu aufhalten

Von Knut Mellenthin *

In der somalischen Hauptstadt Mogadischu hat die Übergangsregierung am Sonntag die schon zweimal verschobene »Nationale Versöhnungskonferenz« eröffnet – und gleich wieder vertagt. Offiziell verlautete, man wolle noch die Ankunft weiterer Delegierter abwarten und die Tagung am Donnerstag fortsetzen. Insgesamt sollen nach offiziellen Angaben etwa 1350 Menschen teilnehmen. Ihre Auswahl ist undurchsichtig. Einige Streitereien um die Delegiertenplätze gab es schon vor Beginn. Vertreter der politischen Opposition, vor allem der fundamentalistischen Union der Islamischen Gerichte (UIC), sind nicht eingeladen. Sie selbst haben eine Beteiligung ausdrücklich abgelehnt, solange sich äthiopische Truppen im Land befinden.

Die UIC hatte im vorigen Jahr sechs Monate lang in Mogadischu und Zentralsomalia geherrscht. Im Dezember war sie durch das Eingreifen von Tausenden Soldaten aus dem verfeindeten Nachbarland Äthiopien gestürzt worden. Hieß es anfangs noch, daß die Äthiopier nur wenige Wochen bleiben würden, haben sie inzwischen ihren Status als Besatzungsarmee insbesondere in Mogadischu verfestigt.

Einige führende Vertreter des mit der Übergangsregierung verfeindeten Hawiye-Clans unterstützen jetzt nach heftigen internen Auseinandersetzungen die »Versöhnungskonferenz«, unter ihnen Hadschi Abdi Iman Omar, der als Chef des Ältestenrats der Hawiye gilt. Er hatte früher gegen eine Beteiligung argumentiert. Anfang Juni war er von äthiopischem Militär festgenommen und erst einen Tag später wieder freigelassen worden. Ob dieser Vorgang zu seinem Meinungsumschwung beigetragen hat, ist nicht bekannt.

Dagegen sagte der politische Sprecher der Hawiye, Ahmed Dirije, der Clan unterstütze zwar grundsätzlich die Idee einer solchen Aufarbeitung, aber die Bedingungen dafür seien jetzt nicht gegeben: »Mogadischu ist eine Kriegszone und von einer fremden Macht besetzt. Es ist weder neutral noch sicher.« Er forderte den Abzug der äthiopischen Truppen und »vertrauensbildende Maßnahmen« seitens der Übergangsregierung. An erster Stelle nannte Dirije die »Freilassung von Tausenden Menschen«, die seit dem Umsturz vom Dezember 2006 in Haft seien.

Militante islamistische Kräfte haben angekündigt, die Konferenz gewaltsam zu stören. Tatsächlich gingen schon während der Eröffnungszeremonie am Sonntag mehrere Mörsergranaten in der Nähe der Polizeikaserne nieder, in der die Versammlung stattfand. Unterdessen hat das Oppositionsbündnis, dem neben der UIC auch frühere Unterstützer der Übergangsregierung angehören, ein eigenes Treffen angekündigt. Sie soll am 1. September stattfinden, vermutlich in Eritrea. Dann soll eine Koalition gebildet werden »mit dem Ziel, Somalia vom Joch der äthiopischen Besatzung und ihrer Kollaborateure zu befreien«, heißt es in einer Erklärung.

* Aus: junge Welt, 17. Juli 2007


Zurück zur Somalia-Seite

Zurück zur Homepage