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Brutales Vorgehen gegen Tamilen

Mord, Entführung, Deportation – düstere Menschenrechtsbilanz für Sri Lankas Regierung

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Am vergangenen Donnerstag hat die Polizei in Sri Lanka in aller Frühe nahezu 400 tamilische Bürger, die in Gästehäusern in Colombo abgestiegen waren, aus den Betten geholt, in Busse verfrachtet und in tamilische Gebiete im Norden und Osten –mitten in die Kriegszone – verfrachtet. Es handelte sich angeblich um eine »Sicherheitsmaßnahme« der Regierung, die behauptete, 90 Prozent aller Terroranschläge in der letzten Zeit seien in solchen tamilischen Gästehäusern ausgeheckt worden. Dieser schreienden Verletzung der Menschenrechte schob Sri Lankas höchstes Gericht nach geharnischten in- und ausländischen Protesten am nächsten Tag einen Riegel vor. Die Deportation mußte gestoppt und rückgängig gemacht werden. Da hatte der japanische Sonderbotschafter Yashushi Akashi, der sich zur Sondierung der Lage in Sri Lanka aufhielt – Tokio führt die Liste der Geberländer an –, jedoch vor der Presse in Colombo bereits erklärt, bei den Menschenrechten bleibe der Regierung noch viel zu tun.

Erst vorige Woche waren zwei Mitarbeiter des Roten Kreuzes von Entführern, die sich als Polizisten ausgewiesen hatten, verschleppt und im südlichen Distrikt Ratnapura umgebracht worden. Die Hände auf den Rücken gebunden und aus nächster Nähe erschossen, so wurden die beiden Sanitäter kurz danach im südlichen Distrikt Ratnapura gefunden.

Im Krieg zwischen den tamilischen Befreiungstigern und der Armee wurden bislang nahezu 70000 Menschen getötet. Alle Versuche, einschließlich der Inititativen der norwegischen Vermittler, eine Verhandlungslösung zu finden, scheiterten. Die skandinavische Beobachtertruppe, die einen längst nicht mehr existenten Waffenstillstandspakt überwachen soll, spielt nur noch eine Statistenrolle. Kämpfe, Artilleriegefechte und Bombardierungen seitens der Luftwaffe sind im Norden und Osten des Landes in vollem Gange. Seit Jahresbeginn wurden – laut Angaben von Menschenrechtsorganisationen – Hunderte Zivilisten entführt und bleiben »verschwunden«.

Die LTTE verweist darauf, daß es sich bei den ermordeten Sanitätern um Tamilen gehandelt hat und daß die Polizei gegen Angehörige der Minderheit stets brutal vorgeht, selbst wenn es keine Beweise für eine »Kooperatiom mit Terroristen« gibt. Die Deportation hat das erneut auf schockierende Weise belegt.

* Aus: junge Welt, 11. Juni 2007


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